Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Uraltes Weingebiet mit ansprechenden Gewächsen

Bericht von Fritz Sahli

62 Berner Weinfreundinnen und Weinfreunde interessierten sich fürs Thema „Apulien“. - Ramon Stucki von La passion du vin SA Bern überzeugte als sachverständiger (Wein-) Reiseführer durch die zweitgrösste Weinregion Italiens, die viel mehr zu bieten hat, als das was man so an einem Abend degustieren kann!

Stark landwirtschaftlich orientierte Region
Die am Stiefelabsatz Italiens gelegene Region Apulien ist mit um die 100‘000 ha flächenmässig das zweitgrösste Weingebiet Italiens (Schweiz z.B. total nur knapp 15‘000 ha). Im Absatz des Stiefels werden rund 7 Mio hl Wein produziert. Mehr als z.B. in Sizilien, das jedoch eine etwas grössere Rebfläche aufweist. In Apulien dominieren die roten Sorten; die Weiss- und Rosé-Weine machen nur etwa 20 Prozent aus. Dabei kann schon an dieser Stelle vermerkt werden, dass in den 25 DOC-Regionen heute wohl auf die Qualität gesetzt wird, aber dazu immer noch viele Billigweine produziert werden, wovon ein Teil sogar zu Industrie-Alkohol verarbeitet wird.

Punkto Apulien (ital. Puglia) können folgende Fakten zusammengefasst werden: Rebbau gibt es hier schon seit fast 3000 Jahren. Nach dem Phöniziern und den Griechen schätzten auch die Römer die dortigen Weine. - Heute leben in dieser Region mit Bari als Haupt- und grösste Stadt über 4 Millionen Menschen. Sie weist zum Meer hin leicht abfallende Ebenen, gegen die Landesmitte aber auch Hügel und sogar Höhenzüge von über 1000 m.ü.M auf. Die Ebenen machen dabei mehr als 50 Prozent der Fläche aus. Die rote Erde, auf der Reben, Getreide, Olivenbäume sowie Obst und Gemüse wachsen, wird als Überbleibsel des Zerfalls der Kalkböden beschrieben. Die stark landwirtschaftlich geprägte Region mit intensivem Hartweizenanbau für die Pasta-Produktion grenzt im Osten ans adriatische und im Süd-Westen (Tarantino) ans ionische Meer. Als Nachbar-Weingebiete können im Norden die Molise und im Westen die Campania und Basilicata erwähnt werden. Wie in andern südlichen Weinlagen bedingt das extrem trocken-heisse Klima gebietsweise eine Bewässerung.

Ein Abend mit Sonne im Glas
Die Präsidentin der Berner Weinfreunde, Suzanne Hauswirth, hiess die interessierten Mitglieder mit den treffenden Worten „Ich begrüsse euch zu einem Abend mit Sonne im Glas“ im Hotel Bern willkommen. Sie freute sich dabei mit Ramon Stucki (28) einen jungen Referenten vorstellen zu können, der mit seinem Weinwissen und Kommentaren zur nachfolgenden Degustation überzeugte. Nach seiner Ausbildung im Hotelfach hat er sich des Themas „Wein“ angenommen und ist heute Geschäftsleitungsmitglied des Berner Unternehmens La passion du vin AG.

Wie Ramon Stucki erläuterte, ist auch in Apulien, wo übrigens die Trauben meist maschinell geerntet werden, die Anzahl der Selbstkelterer rückläufig. Trotz der Konzentration auf Grossunternehmen sei aber die Tendenz zu besseren Weinen nach wie vor gegeben. Dabei wies er auf die 25 DOC-Regionen und auf die vielen Provenienzen mit geschützter geografischer Herkunft (Indicatione Geografica Tipica IGT/neu Indicatione Geografica Protetta IGP) hin, die unter diesem Titel vermarktet werden, weil die Trauben innerhalb der Region aus verschiedenen Rebbergen stammen. Der Referent empfahl übrigens, die sonnenverwöhnten Weine aus dem Süden Italiens nicht zu lange zu lagern!

Zu den Rebsorten
Die wichtigsten roten Rebsorten Apuliens heissen (alphabetisch) Aglianico, Aleatico, Bombino Nero, Malvasia Nera di Lecce und Malvasia di Brindisi, Montepulciano, Negroamaro, Primitivo, Sangiovese, Susumaniello und Uva di Troia (auch Nero di Troia). Zu den gehobeneren Gewächsen dieser Sorte zählen die Weine aus dem Gebiet Castel del Monte, das ebenfalls wegen des Stauferschlosses von Friedrichs dem II. berühmt ist. - Ausserdem kann erwähnt werden, dass die autochtone Susumaniello wieder vermehrt angebaut wird und diese Weine von Kennern sehr geschätzt werden. Unbestrittener Star punkto Bekannt- und Beliebtheit ist aktuell aber der Primitivo, der auf der Halbinsel Salento grossflächig angebaut wird und in vielen Billig-Versionen, aber auch als Top-Wein im Handel ist.

Die wichtigsten weissen Sorten: Bianco d’Alessano, Bombino Bianco, Chardonnay, Falanghia, Fiano, Impignio, Malvasia Bianca, Moscato Bianco (auch Moscato Reale) und Verdeca. Wie die Auflistung zeigt, hat sich in Apulien von den internationalen Sorten nur der Chardonnay halten können und dient hier oft als willkommene Stütze in weisse Assemblagen.

Zur Degustation
Die anschliessend separat aufgelisteten Weine mit Preisen von Fr. 10 bis 22.50 wurden von Ramon Stucki präsentiert und nach dem Verkosten gekonnt erklärt. Dabei hielt auch er fest, dass natürlich jede Person anders als sein Nachbar empfinden kann. So kamen die Teilnehmenden (und auch der Schreiber) bei einzelnen Weinen nicht immer aufs gleiche Resultat, was aber dem interessanten Abend keinen Abbruch tat. Die beiden Weissweine von hier weniger bekannten Sorten wirkten ansprechend, sind aber bestimmt immer sehr kühl zu servieren. Bei der ersten roten Serie hob sich der Aglianico wohltuend von den beiden andern Weinen ab. Der erste Nero di Troia wurde eher als niedriger Qualität eingestuft und der als Top-Wein bekannte Il Falcone aus dem Castel del Monte (in der Regel 70 % Nero di Troia und 30 % Montepulciano) wirkte mit Jahrgang 2008 auf einige Leute bereits als etwas überreif. Bei den drei Salice Salentino-Gewächsen (mit Negroamaro und Malvasia Nera) fiel der „Monarche“ als bester auf. Dieser Wein wurde dann zum Vergnügen der Teilnehmenden auch zum Essen serviert, wobei es dabei etwas an „Nachschub“ mangelte. Die drei letzten Weine der Varietät Primitivo wurden unterschiedlich beurteilt: Der erste zeigte sich trotz des Preises von Fr. 15.50 und 14.5 Vol.-% als recht einfacher Tropfen und mit dem zweiten war es etwas schwer auf ein viel besseres Resultat zu kommen. Viel Vergnügen bereitete dann aber mehrheitlich der Primitivo der Cantina San Marzano (Mövenpick) mit angenehmen 14 Vol.-% und dem überraschend tiefen Preis von 13.50. - Zusammenfassend kann man den „Monarche“ und den letzten Primitivo ohne weiteres als die ansprechendsten Weine des Abends bewerten.

pdfDie degustierten Weine

Die Präsidentin, Suzanne Hauswirth, verdankte am Schluss den engagierten Auftritt von Referent Ramon Stucki, der unter grossem Beifall ein Geschenk entgegennehmen durfte. Viel Applaus gab es aber auch für die Organisatoren des Abends, Alexander Koller und Marianne Bätscher sowie für den ganzen Vorstand der Berner Weinfreunde.