Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Vielseitiges Angebot – vom Alltagswein bis zum Spitzengewächs

56 Berner Weinfreundinnen und Weinfreunde trafen sich nach der «Corona-Pause», dem Jubiläums-Anlass Anfang Juli auf und am Bielersee sowie dem Sommeranlass von Ende August in Jegenstorf erstmals wieder im «Hotel Bern». Präsident Dan Sennhauser freute sich über die vielen Teilnehmenden und gab bereits Details zum Programm 2022 bekannt, das inzwischen herausgegeben wurde. pdfZur Einladung 

Das Thema des Abends vom 26. Oktober, der von Arthur Schaub und Beat Adam vorbereitet wurde, war mit «Kreuz und quer durch Süditalien» vielversprechend. Und die interessierten Leute, die gerne Bewährtes verkosten und Neues entdecken, wurden nicht enttäuscht: Der sympathische Referent, Weinfachmann und dipl. Sommelier Vito Licari, Enoteca Italia in Thun, ist als Weinfreund selber der Sektion Thun angeschlossen. Er liess aus den verschiedenen Weinregionen unterhalb von Rom (Lazio) Typisches und wahre Entdeckungen auffahren. Und dafür gab es für ihn grossen Applaus. – Dabei liess er seine Heimat, Sizilien, mit der grössten Rebfläche der Nation aus und beschränkte sich auf die südlichen Gebiete Italiens (alphabetisch) Apulien (Puglia – mit über 100’000 ha grösste Rebbau-Region des Halbinsel-Festlandes), Baslilikata (Basilicata), Kalabrien (Calabria), Kampanien (Campania), und Molise.

Puglia

Basilicata

Calabria

Campagnia

Molise

Puglia Basilicata Calabria Campania Molise
 
 
Süditalienkarte  Der Abend bestätigte, dass Italien nach wie vor ein Weinland mit einem überwältigenden Angebot an Weinen für jeden Tag und genussvollen Spitzengewächsen für besondere Gelegenheiten ist und bleibt. - Nicht von ungefähr hatten schon die Griechen Italien als «Oinotria» (das Weinland) bezeichnet. Trotz dem «Vormarsch» von China und Ländern der sogenannten «Neuen Welt» bietet Italien als 9.-grösstes Land Europas (Fläche 301'337 km2 und über 60 Millionen Einwohner) wirklich alles, was des Weinfreundes Herz begehrt.

 

Apéro-Überraschung

Bevor im «neuen», umgestalteten Hotel Bern die eigentliche Degustation begann, wurde zum Auftakt des Abends ein überraschender Chardonnay kredenzt. Ein feiner, erfrischender Tropfen, dem man den «Süden» nicht einfach so gegeben hätte. Wie Referent Vito Licari wusste, werden die Trauben zum «I Gelsi Bianco» entsprechend der südlichen Zone bereits Anfang Sommer gelesen, damit sie nicht der grossen Hitze ausgesetzt sind. – Dann gings (siehe Weinliste) in drei «Abschnitten» dem Höhepunkt des Abends entgegen: Der «Pietra-Bianca» (Chardonnay und Fiano) erfreute mit Feinheit sowie fruchtiger Nase und guter Struktur, während der reinsortige, körperreiche Fiano besonders durch exotische Fruchtnoten auffiel. Freude machte aber dann ebenfalls der helle und doch vollmundige Greco di Tufo, der punkto Bodenbeschaffenheit von der Vesuv-Nähe profitiert.

Bei den Rotweinen fand die gelungene und erst noch preisgünstige dreisortige Assemblage «I Gelsi Rosso» durchwegs Gefallen. Auch der Negroamaro, der sich in wunderschönem Rot vollmundig, ohne Ecken und Kanten, mit viel Feinheiten präsentierte, wurde gelobt. Daselbe gilt für den schwarz-roten Spitzen-Primitivo, der etwas Süsse zeigte, aber doch mit Kraft und eleganter Struktur kritiklos Anerkennung fand. – Nummer 8, der «Cauro», war wieder ein Assemblage-Kalabrier aus den einheimischen Sorten Gaglioppo und Magliocco plus dem internationalen Cabernet Sauvignon. Der Wein, der mit dunklem Rubinrot und feiner Nase auffällt, wirkte aber nicht ganz so harmonisch wie die Vorgänger.

Dann gings preislich, aber auch punkto Güte, aufwärts: Der Basilicato-Aglianico del Vulture 2019, ein Bio-Wein, überzeugte durch Mineralität (wächst auf Lava durchsetzter Erde) und sortentypischer Eleganz, wobei sich die wegen der Jugendlichkeit des Weins noch spürbaren Tannine mit dem Altern ausgleichen werden. In dieser Serie wurde am Schluss die Art und Rebsorte gewechselt: Der alkoholreiche Montepulciano d’Abruzzo 2013 aus Molise präsentierte sich aber auch sortentypisch, fein, kraftvoll und gut gelagert. Damit perfekt zu einem kräftigen italienischen Essen (oder auch Wildgericht) passend. – Zum Schluss wurde nochmals eine Stufe zugelegt: Für den schreibenden Weinfreund war der komplexe Nero di Troia Riserva (Sorte wird auch Uva di Troia genannt) «Il Falcone» (der Falke) vom Castel del Monte ein absolutes Spitzenprodukt. Auf die gleiche Stufe ist dazu zweifelsohne der Aglianico Taurasi Riserva zu stellen. Beide Provenienzen mit prächtiger Farbe, alkoholreich, aber doch fruchtbetont, elegant und von idealer Reife, lassen wirklich keine Wünsche offen. Il Falcone

 

 Kritische Stimmen zu dieser Fülle an grossartigen Gewächsen (siehe nachfolgende Liste) gab es aus dem Plenum annähernd keine. Und die wenigen Fragen die gestellt wurden, wusste Weinfachmann Vito Licari ausführlich zu beantworten. Dafür gab es für ihn und die zwölf präsentierten Weine aus der Enoteca Italia in Thun – wie vorne erwähnt - einhellig grossen Beifall!

 

Liste der 12 verkosteten Weine

  • I GELSI Bianco, Chardonnay 2020, 12.5 Vol.-%, Kalabrien (Produzent Azienda Statti), Preis Fr. 11.50;
  • Pietra Bianca, Chardonnay/Fiano 2019, 12.5, Vol.-% Tormaresca, Castel del Monte (Apulien), 25.00;
  • Fiano di Avellino, 2019, 13 Vol.-%, Radici (Kampanien);
  • Greco di Tufo 2019, 13 Vol.-%, Mastroberardino (Kampanien); 21.50;
  • I GELSI Rosso, Cabernet Sauv./Gaglioppo/Merlot 2019, 13 Vol.-%, Azienda Statti (Kalabrien), 11.50;
  • Primonobile, Negroamaro 2019, 14 Vol.-% (Apulien), 15.00;
  • Primoduca, Primitivo 2019, 14 Vol.-%, Vin. Mediterranea (Apulien), 16.00 (Apulien);
  • Cauro, Gaglioppo/Magliocco/Cabernet S. 2017, 13 Vol.-%, Azienda Statti (Kalabrien), 21.00;
  • Aglianico del Vulture 2019, 13.5 Vol.-%, Basilisco (Kampanien), 23.00;
  • Don Luigi, Montepulciano d’Abruzzo 2013, 14 Vol.-%, Di Majo Norante (Molise) 35.00;
  • Il Falcone, Nero di Troia 2014, 14 Vol.%, Castel del Monte (Apulien), 26.50;
  • Taurasi Riserva, Aglianico 2012, 14.5 Vol.-%, Rajamagna (Kampanien), zu Fr. 35.00.

 

zur Druckversion des Berichts von Fritz Sahli: pdfZum Bericht