Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Fast 60 Weinfreundinnen und Weinfreunde nutzten am 19. September die Gelegenheit zur Begegnung mit dem weltweit grössten zusammen-hängenden Weinanbaugebiet, der Denominaçion La Mancha. – Jean Jacques Jaquier berichtet:

Kennen Sie La Mancha? Spanien-Liebhaber werden vielleicht mit einem Ja antworten. Für Literatur begeisterte dürfte der Name aber mit grösserer Wahrscheinlichkeit ein bekannter Begriff sein: Welche Leseratte kennt Don Quijote de la Mancha nicht? Der grosse, dünne Ritter, der gegen Windmühlen kämpft – mit Unterstützung seines dürren Gauls Rosinante und seines dicken Kumpanen Sancho Panza – ist er einer der weltweit berühmtesten Helden. Der Roman von Miguel von Cervantes folgt direkt nach der Bibel in der Klassierung der meist gelesenen Bücher der ganzen Welt.

La Mancha: ein riesiges Weingebiet

Keine Romanlesung war an der Tagesordnung der Veranstaltung vom 19. September der Berner Weinfreunde traktandiert, sondern – nach bewährtem ANAV-Ritual – natürlich eine Weindegustation, welche durch den bekannten Weinjournalisten Thomas Vaterlaus spannend und kompetent moderiert wurde. La Mancha ist mit insgesamt 165 000 ha das grösste Weinbaugebiet Europas und sogar das grösste zusammenhängende Weingebiet der Erde. Es verdient damit neben Don Quijote wirklich die volle Aufmerksamkeit jedes Weinfreundes.   Überraschend war, dass die meisten an diesem Abend präsentierten Weine noch nicht in die Schweiz importiert werden.

Die D.O. Region

Südlich von Madrid erstreckt sich eine weite Hochebene nach Süden hin, die mit einem Durchmesser von ca. 250 km das Zentrum Spaniens einnimmt: Castilla-La Mancha. Seit Jahrhunderten ist das Bild dieser zentralen «Meseta» (mesa = Tisch) geprägt durch agrarische Strukturen. Weite Olivenhaine und gelbe Getreidefelder ziehen sich scheinbar endlos über die unendliche Ebene bis zum Horizont, unterbrochen von zahllosen grünen Tupfen auf rotbrauner Erde: den Weinfeldern. Wein wird in 182 Gemeinden produziert, welche in fünf Provinzen verteilt sind: Ciudad Real (49 % der Rebfläche), Toledo (21% der Rebfläche), Cuenca (19 % der Rebfläche) und Albacete (11 % der Rebfläche).

Ein hartes Klima

Die Rebberge liegen hier auf einer durchschnittlichen Höhe von 700 Metern über Meer und reichen von den Vorstädten Madrids im Norden bis zur Grenze Andalusiens im Süden. Der Boden aus Kreide und darüberliegendem Lehm ist für den Weinbau gut geeignet. Das kontinental geprägte Klima bringt ausgesprochen kalte Winter und sehr heisse Sommer. In einem lokalen Sprichwort wird das Klima der D.O. La Mancha als «neun Monate Winter und drei Monate Hölle» beschrieben. In der Tat bringt der Winter strengen Frost und bittere Kälte mit sich, während im Sommer Temperaturen von bis zu 42 °C erreicht werden und die Sonne erbarmungslos 12 bis 14 Stunden täglich auf die Weinberge brennt. Regen ist selten (ca. 400 mm im Jahr), sodass die Rebstöcke mit einem Abstand von rund 2,4 Metern in alle Richtungen gepflanzt werden, um eine optimale Wasserversorgung sicherzustellen. Unter diesen extremen Bedingungen werden kaum mehr als 18 hl Wein pro Hektar produziert. Ein Grund für den geringen Ertrag ist auch die überaus lockere Pflanzdichte, die wiederum den Vorteil hat, dass in der La Mancha die heimtückischen Pilzkrankheiten (Mehltau) und Fäulnis kaum auftreten.

Rebsorten

Angebaut werden überwiegend die weisse Rebsorte Airén und das in Spanien dominierende rote Gewächs, der Tempranillo, der in dieser Region unter dem Namen Cencibel bekannt ist. Doch auch viele andere Gewächse, wie die weissen Verdejo, Macabeo/Viura, Chardonnay und Sauvignon Blanc sowie die roten Garnacha, Merlot und Cabernet Sauvignon haben ihre Heimat in der D.O. La Mancha gefunden. Die Romanfigur Don Quijote ist in der Mancha allgegenwärtig. Sie ist gleichsam Sinnbild der Landschaft. Deswegen verwendet auch die D.O. La Mancha in ihrem La Mancha: Windmühlen wachen über die mit Reben und Olivenbäumen bepflanzten Felder. Logo die Silhouette des geistvollen Ritters auf seinem treuen Pferd Rosinante. In den 60-er und 70-er Jahren hatten Mancha-Weine mit wachsenden Absatz- und Imageproblemen zu kämpfen. Die Krise blieb nicht ohne Reaktionen: In der Mancha werden heute mehr Qualitätsreben denn je gepflanzt, und der Anteil hochwertiger Rotweine steigt. Fast alle grösseren Betriebe sind mit moderner Kellereitechnologie ausgerüstet. Temperatur-gesteuerte Vinifikation ist heute selbstverständlich, so dass sich die Weine der Mancha als international konkurrenzfähige Qualitätsprodukte auf hohem Niveau präsentieren können.

Neun Weine in Degustation

59 Weinfreundinnen und Weinfreunde haben an der Degustation teilgenommen. Sie wurden mit einem Glas von Mantolàn Brut Nature empfangen, einem angenehmen, mit traditioneller Methode produzierten Schaumwein. Im Laufe der eigentlichen Degustation präsentierte Thomas Vaterlaus acht Weine. Zum Auftakt wurden zwei weisse Gewächse vorgestellt, der Campechano Airén 2012 und der Ojos del Guadiana Verdejo 2012. Anschliessend erhielt der Tempranillo den ihm gebühren den Platz: Repräsentiert wurde die rote Hauptsorte von einem Rosado Villa Real 2012 und drei Rotweinen, dem Canforrales Classico 2012, dem Villa Abad Tempranillo Roble 2012 und dem Gladium Vinas Viejas Tempranillo Crianza 2011. Als Abschluss servierte man den Pétrola Cabernet Franc Crianza 2009 sowie den Finca Antigua Reserva 2005, eine gelungene Assemblage von Tempranillo, Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah.

Die Berner Weinfreunde erlebten einen interessanten Abend. In der Regel wurden sie nach der Degustation mit einem «passendem» Menuteller verabschiedet. Schade, dass dies für einmal nicht vollends gelang, suchten die Teilnehmer doch vergeblich auf diesem Teller die schöne spanische Ambiance von La Mancha. Man hätte gerne hier etwas Tapasartiges genossen.