Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Eine interessante Entdeckungsreise

Bericht von Fritz Sahli

Zum Portugal-Abend im Hotel Bern konnten von Präsident Dan Sennhauser 64 Mitglieder und Angehörige begrüsst werden. Die Zahl zeigt, dass das für viele (noch) nicht sehr gut bekannte Weinland mehr und mehr interessiert. Und dieses Interesse vermochte der junge, kompetente Referent und Weinakademiker Marcel Luther, der als Weineinkäufer bei der Bataillard AG in Rothenburg tätig ist, so richtig zu wecken. Schliesslich weiss er auf was es ankommt: Er ist bei den Reblüten in Luzern selber aktives Weinfreunde-Mitglied.

Das interessante Weinland Portugal
… auf der Iberischen Halbinsel, das 1668 nach langem Hin und Her seine Unabhängigkeit von Spanien erlangte, weist eine Fläche von 92‘389 km2 auf. Es ist demnach mehr als doppelt so gross, als die Schweiz. In den 18 Distrikten sowie den autonomen Azoren und Madeira leben über 10‘340‘000 Einwohner. - Mit Reben bestockt waren 2016 nach OIV 190‘000 ha. Mit dieser Zahl liegt Portugal nach Rumänien und vor Australien weltweit auf Rang 11. Im erwähnten Jahr wurden rund 6 Mio. Hektoliter Wein produziert. Wie die OIV-Statistik zeigt, sind Rebfläche und Weinproduktion seit 2012 um mehr als 10 Prozent zurückgegangen. Dafür ist, wie die Degustation zeigte, die Qualität der Weine offensichtlich gestiegen. Andere Quellen geben pdffür Portugal einen etwas höheren Rebflächen Anteil an. - Bei allem ist geschichtlich begründet, dass die Engländer die Weine Portugals - natürlich vor allem den Porto - schon früh zu schätzen wussten. Schliesslich waren sie es, die die Weltmeere beherrschende Spanische Armanda 1588 vernichtend schlugen und fortan zu den besten Kunden der Gewächse aus „Iberia“ zählten. - Auf dem Festland und den Inseln wird in Portugal eine Vielzahl von Reben angebaut, darunter auch internationale Sorten, die aber am Berner Weinabend nicht zur Diskussion standen. Die Liste der Rebsorten nach weinplus.eu pdffinden Sie hier...

Die verkosteten Weine
Bild 21Die verkosteten Wein aus verschiedenen Gebieten, die entsprechend ihrer Lage unterschiedlicher nicht sein könnten, wurden von Referent Marcel Luther (Bild) sachkundig mündlich und mit Bild interessant vorgestellt. Dabei gab es gute reinsortige Tropfen zu entdecken und überraschende Klasse-Weine kennenzulernen. Beachten Sie bei der Benennung der Sorten die portugiesische Schreibweise und bei den Notizen dazu, dass hier vorwiegend die Meinung des Berichterstatters zum Ausdruck kommt. - Zum Apéro gabs einen leichten, floralen, aber säurebetonten Loureiro 2016, 11.5 Vol.-%, Quinta de Gomariz (Region Vinho Verde/von Schubiweine), Preis 12.90, zu geniessen. Dann begann die eigentliche Verkostung mit einem Alvarinho 2016, 13, Quintas de Melgaço (Vinho Verde/von Zweifel Vinarium), 19.80, der als fruchtige elegante Provenienz ganz allgemein zu gefallen wusste. Als gewohnheitsbedürftig, aber nach „Belüftung“ doch ansprechender Wein erwies sich der Acores Verdelho 2015, 13, Azores Wine Company (Azoren/von Premiumtrade), 35.--. Der Encruzado 2015, 14 Quinta de Falorca (Dāo/von Gerstl), 22.-- zeigte überraschend feine Petrolnoten, wie man sie sonst oft nur bei reifen Rieslingen findet, endete jedoch etwas zu säurebetont. - Dann folgten drei kräftige Rote: Der erste, ein Trincadeira 2015, 14.5, Esporāo (Alentejo/von Gomes), 15.--, der zuerst ganz ungewohnt wirkte, aber mit Nelken- und Zimtnoten doch zu bestehen wusste. Kraftvoll und richtig schön zeigte sich dann ein Alicante Bouschet 2015, 15 Herdade do Rocim (Alentejo/von Gomes), 24.50, der nur noch vom dritten Wein dieser Serie übertrumpft wurde. Der schon vollreife, kraftvolle und doch elegante Tropfen, Castelāo 2009,14, Jose Maria da Fonseca (Peninsula Setúbal/von Gomes), 39.--, wurde am Tisch durchwegs als sehr guter Wein bewertet. - Die nächste Serie begann mit einem Alfrocheiro 2014, 13.5, Quinta dos Marias (Dāo/von Flaschenpost), 19.50, der zuerst nur durch Leder- oder Stallnoten, wie man sie etwa von Bild 22Bordeaux-Weinen her kennt, auffiel, und erst nach längerem Luftholen zu geniessen war. Als Wein mit feinen Gewürznoten und guter Struktur konnte der Baga Grande Vadio 2012, 13, Vadio Bairrado (Bairrado/von Gomes), 30.50, dem folgenden Spitzengewächs aber doch nicht ganz das „Wasser reichen“. Der Touriga Nacional 2014, 14.5, Quinta do Vallado (Douro/von Schubiweine), 29.80, stellte die andern Weine etwas in den Schatten und zeigte auf, dass im Portweinland Douro grosse normale Provenienzen gekeltert werden, die alle Nuancen abdecken, die einen hervorragenden Wein ausmachen. - Allgemein gute Noten gab es aber auch für den Wein zum Essen, einen Touriga Franca 2014, 14, Quinta da Plansel (Alentejo/von Casa Lusitania), 29.50, dem rundum (vor allem auch betreffend der Farbe) ein sehr gut zuerkannt gehört. Er harmonierte bestens mit dem passenden, deftigen Gericht mit reichlich Fleisch aus der Hotel Bern-Küche und rundete bis dahin den interessanten Abend bestens ab.

 Bis dahin
… wird gesagt, weil dann noch weiter verkostet wurde und die Freundinnen/Freunde von maderisierten Weinen mit Alkoholzusatz beim fantastischen Dessert voll auf ihre Rechnung kamen: Zuerst einmal beim dunkelgoldenen, trockenen Madeira der Sorte Sercial, 15-jährig, 20, Henriques y Henriques (Madeira/von Hoferweine), 75.-- (!), der sich schön entwickelte und mit feinen Orangen- und Nussnoten betörte. Neben diesem Klasse-Dessertwein konnte der weit einfacheren Moscatel de Setúbal 2014, 17, Bacahôa Vinhos (Setúbal/von Gomes), 14.-- nur am Rande bestehen. Dafür durfte hier das Glas ohne weiteres nicht nur einen Finger breit aufgefüllt werden.

Alles in allem erlebten die Teilnehmenden am Portugal-Anlass einen lehrreichen, richtig hochinteressanten und erst noch schönen weinseligen Abend. Dass es allen gefallen hat, zeigte dann auch die Verabschiedung des Referenten, der erst nach anhaltendem Applaus auf den Zug in Richtung Luzern entlassen wurde.