Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Bericht von Peter Hässig

Fritz Sahli vermochte schon auf der Einladung mit seinen fundierten Angaben zum Weinland Spanien Interesse zu wecken. Die Literatur zur Weinbaugeschichte dieses Landes reicht bis 4'000 Jahre v. Chr. zurück. Weil Fritz Sahli für den Degustationsabend ein reichhaltiges Programm vorbereitet hatte, streifte er die Geschichte nur kurz und kam rasch zum Thema "Wein" in heutiger Zeit. Hier schöpfte er aus dem Vollen und überraschte mit erstaunlichen Informationen und Superlativen. Man merkte rasch seine Begeisterung für die spanischen Weine.


Bild 1Spanien steht in allen Messgrössen des Weinbaus in der Spitzengruppe: eine Rebfläche von über 1 Million Hektaren bedeutetpdfflächenmässig Weltspitze. Mit einer Jahresproduktion von 35 - 40 Millionen Hektolitern Wein steht Spanien auf dem dritten Rang. Dabei halten sich Weiss- und Rotwein bezüglich Anbaufläche ungefähr die Waage. Weil aber ein Teil der Weissweine der Herstellung von Branntwein dient, überwiegen im Angebot dennoch die Rotweine. Beachtliche 61% der weissen und roten Provenienzen sind anerkannte Qualitätsweine. Dies kommt in der Schweiz gut an. Die Einfuhr von spanischen Weinen betrug 2015 fast 35 Millionen Liter. Damit liegt Spanien erneut auf Platz 3. Dabei spielen sicher die gestiegene Qualität und das gute Preis-Leistungsverhältnis eine entscheidende Rolle. Die Teilnehmer der Degustation konnten sich im Laufe des Abends selbst von diesem Versprechen überzeugen lassen.
Eine weitere Stärke Spaniens ist die Vielfalt der angebauten Weinsorten, davon etliche autochthone Sorten: Tempranillo, Garnacha, Monastrell, Bobal und Cariñena stehen für bekannte Rotweine. Bei den weissen Sorten stehen Airén, Pardina/Xarel-lo, Macabeo, Parellada und Verdejo im Vordergrund. Dagegen ist die Übersicht über die Qualitätsstufen nicht einfach. Zwar sollten nach den neuen EU-Regeln nur noch die drei Stufen DOP (Denominacíon de Origen Protegida), IGP (Indicacíon Geografica Protegida) sowie Vino de España (Vino de mesa) verwendet werden. Es bestehen aber nach wie vor viele, traditionelle Qualitätsbezeichnungen mit der Qualitätsstufe Vinos de Pago an der Spitze. Ebenfalls anspruchsvoll ist die Übersicht über die jpgverschiedene Herkunftsgebiete. Es werden gegen 70 DO-Herkunftsgebiete ausgewiesen. Hier konnte selbst der vielseitige Degustationsabend "quer durch Spanien" nur einen kleinen Einblick offenlegen.

Die Weissweine
Der Abend wurde mit einem Cava Reserva Brut von Segura Viudas aus dem Penedés würdig eröffnet. Dieser frische Sekt trägt mit Recht den Stern auf dem Zapfen (Vino de estrella) als Bestätigung, dass er nach der traditionellen Flaschengärung gekeltert wurde. Er weist einen klassischen Mischsatz aus 50% Macabeo, 35% Parellada und 15% Xarel-lo auf. Eigentlich hätte man sich für diesen Cava lieber eine sonnige Terrasse statt Januarwetter gewünscht.
Der erste Weisswein Lugar de Cervera 2015 von Fornelos O'Rosal aus der Region Rias Baixas wurde zu 100% aus der Traubensorte Albariño gewonnen und bestach durch eine schöne Citrus-Nase. Im Mund wirkte er frisch und ausgesprochen fruchtig mit einem angenehmen Süsse-Säure-Spiel. Der recht lange Abgang rundet den angenehmen Trinkgenuss ab.
Der dritte Weisswein Jaspi Blanc 2014 von Toni und Miguel Coca aus der Terra Alta fand bei den Anwesenden nicht sofort Zuneigung. Er wirkte im ersten Augenblick etwas überreif mit einer dominierenden Süsse. Die Traubenmischung Garnacha Blanca und Macabeo braucht offensichtlich einen vertieften Zugang zum Genuss.
Dafür fand der letzte Weisswein mit dem wohlklingenden Namen: Aura 2015 aus dem Rueda wieder mehrheitlich Zustimmung. Die Bodegas Aura haben primär aus der Sorte Verdejo und ganz wenig Sauvignon Blanc einen Schmeichler kreiert. Eine blumige Nase und eine angenehme Fruchtigkeit im Mund lassen ihn süffig wirken. Allerdings ist dabei eine gewisse Nähe zu künstlichem Täfeli-Geschmack nicht ganz von der Hand zu weisen.
Die Differenzen zwischen den vorgestellten Weissweinen lösten in der von Fritz Sahli geleiteten Beurteilung eine angeregte Diskussion aus. Dabei zeigten sich unterschiedliche Bevorzugungen, insgesamt hielten sich der Lugar de Cervera und der Aura aber ungefähr die Waage.
Fritz Sahli leitete mit einer Einführung in die Qualitätsstufen für spanische Weine zur Degustation der Rotweine über. Dabei liess er durchblicken, dass er zur neuen, europäischen Gesetzgebung eher kritisch eingestellt ist. Die Beschränkung auf nur drei Qualitätsstufen diene eher der Existenzsicherung geringerer Qualitäten als der Förderung regionaler Spezialitäten, wie dies mit den alten Bewertungen pago oder DOCa der Fall war. Diese Einstufungen brachten nach seiner Meinung die wichtige Bedeutung des Terroirs besser zum Ausdruck.

Die Rotweine
Die Auswahl der Rotweine wurde denn auch mit einem Vino del pago eröffnet. Der Rioja al Mulino 2009 von Jesus und Felix Puellas aus dem Rioja Alta zeigte exemplarisch, was ein guter Tempranillo nach einer angemessenen Lagerzeit bieten kann: ausgewogene Gewürztöne, vollmundig und anhaltend. Er wurde nach ökologischen Gesichtspunkten gekeltert, lag 18 Tage auf der Maische, mit Eiweiss geschönt, aber nicht filtriert.
Der nächste Rotwein 3,14 (Pi) 2013 von den Bodegas Langa im Calatayud stammt aus der wenig bekannten Traubensorte Concejon d'Aragon (vermutlich Moristel). Der ungewöhnliche Name kommt davon, dass die sehr steinige Rebparzelle 3,14 Hektaren gross ist. Er verkörperte in seiner Jugendlichkeit eine ganz andere Geschmacksrichtung als sein Vorgänger: schöne Farbe, frisch, fruchtig nach Himbeeren, ausgesprochen trinkfreudig.
Auch der nächste Wein stammt aus einer heute wenig bekannten Traubensorte, der Bobal. Überraschend war der Hinweis von Fritz Sahli, dass dies eine der ursprünglichen Hauptsorten Spaniens gewesen sei. Der ausgeschenkte Beso 2012, DOC Utiel Crianza, aus dem Utiel Requena von Adolfo Heredia weist eine dunkle Farbe auf und zeigt in der Nase etwas Leder. Entgegen den daraus geweckten Erwartungen ist der Wein fruchtig und eher leicht.
Weiter ging es einem Vertreter der Sorte Monastrell (Morvèdre). Der Tarima Hill 2014 der Bodegas Volver aus dem Alicante wurde biologisch ohne jegliche Bewässerung gezogen und reifte nach der Kelterung 20 Monate in französischen Eichenfässern. Dies ergab trotz seiner Jugend in Nase und Mund einen Dörrzwetschgen-Geschmack, der von den Anwesenden unterschiedlich gewertet wurde.
Der nachfolgende Las Rocas 2014 aus der Traubensorte Garnacha der Coop. San Alejandro/Miedes aus dem Calatayud wies wieder erfrischende Fruchtigkeit nach schwarzen Beeren in Nase und Mund auf. Ein schöner Vertreter des spanischen Garnacha.
Den Crossos 2014, eine Assemblage aus Cariñena, Garnacha und Cabernet von Domini de la Cartoixa aus dem Priorat sollte man unbedingt noch reifen lassen. Im seinem momentanen Entwicklungsstand kommt er (noch) nicht an seinen Vorgänger heran. Er hat aber Potential. In der Nase Gewürznoten, etwas Linoleum; im Mund dominieren schwarze Kirschen sowie dunkle Waldfrüchte. Trotzdem bleibt er mit seinen internationalen Traubensorten in der Spanien-Degustation ein Aussenseiter.
Der Aster Crianza 2012 aus der Tinta del Pais von den Bodegas Aster aus dem Ribero del Duero war dann wieder ein typischer Vertreter Spaniens. In der Nase kräftig mit angenehmen Gewürznoten, im Mund frisch, fruchtig mit schwarzen Beeren, eine ausgewogene Süsse-Säure-Struktur, etwas Buttertöne, lang anhaltend. Wiederum ein schöner Vertreter des Tempranillo.
Auch der Sobreño Reserva 2011 vermochte zu überzeugen. Er wird nach einer strengen Temperaturführung vergoren, um nach einer ohnehin langen Maischezeit die Gärung zu verzögern. Das Ergebnis ist erfreulich. Obschon er nicht gefiltert wurde, weist er ein funkelndes Purpur auf. Die Nase zeigt Fruchtnoten mit einem Anflug von Leder. Im Mund bestätigt sich die Fruchtigkeit mit roten Beeren. Ein Wein, der ausgezeichnet zu einem Essen passen würde, insbesondere zu rotem Fleisch. Dieser Wein ist nicht umsonst einer der Favoriten des Wyhus Belp unter den spanischen Weinen.

Den Abschluss machte der Viña Ardanza 2007. Eine gelungene Mischung der typischen, spanischen Traubensorten Tempranillo und Garnacha von der Kellerei La Rioja Alta. Der Wein wurde während 36 Monaten in amerikanischer Eiche ausgebaut und weist heute eine schöne Reife auf. Die Farbe zeigt ziegelrote Töne. Trotzdem ist der Wien noch fruchtig, angenehm begleitet von Gewürznoten (Nelken). Dieser Wein dürfte nun auf seinem Höhepunkt stehen.
bild 2Zusammenfassend streicht Fritz Sahli nochmals drei typische Eigenschaften der spanischen Weine hervor, die er als Gründe für die grosse Begeisterung der SchweizerInnen für diese Weine ansieht: das ausgezeichnete Preis-Leistungsverhältnis, die gute Lagerfähigkeit und der eher hohe Alkoholgehalt. Davon haben sich die Anwesenden selber überzeugen können.
Der Vizepräsident Alex Koller dankt Fritz Sahli für die vielseitige Degustation und die spannenden Kommentare, die seine Liebe zu diesen Weinen unverkennbar gezeigt haben. Weiter verdankt er die entgegenkommende Unterstützung des Wyhus Belp für diesen Anlass. Als Dank übergibt er Fritz Sahli ein von ihm in gewohnter Perfektion gemaltes Aquarell mit Rebstöcken der Bodega Puelles aus dem Rioja Alta, das die Einladung zur Degustation geziert hatte. Der Referent und der Künstler durften für ihre Leistung einen tosenden Applaus der 77 zufriedenen Anwesenden entgegennehmen.
Den gelungenen Abschluss des Abends bildete ein typisch spanisches Gericht: eine Paella. Dazu wurde ein Capa 2015 der Hammeken Celler aus der Region Castilla la Mancha gereicht. Diese Mischung aus Tempranillo und Syrah war noch jugendlich und wirkte nach den letzten Weinen der Degustation eher leicht. Trotzdem war er ein geeigneter Essensbegleiter.