Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Berich von Fritz Sahli


Die Südtirol-Reise brachte es mit sich, dass der traditionelle Sommeranlass der Berner Weinfreunde erstmals auf August verschoben wurde. Das brachte keine Nachteile und die organisierenden Vorstandmitglieder, Marianne Bätscher und Peter Hässig, erlebten zusammen mit 54 Teilnehmenden einen wunderschönen Abend. Die Terrasse der Mensa der Hochschule für Landwirtschaft (HSL) in Zollikofen erwies sich einmal mehr als passender Ort dieses stimmungsvollen Anlasses, wo alle mit feinem aus Küche und Keller verwöhnt wurden.


Mit schöner Auswahl an Genfer Weinen

Präsident Dan Sennhauser begrüsste die nach und nach eintreffenden Mitglieder mit launigen Worten und kredenzte dazu einen schönen, säurebetonten Aligoté, von dem man sich gerne nachschenken liess. Im Kanton Genf wurden von diesem markanten Tropfen 2017 über 21 ha angebaut. Ganz bewusst ist für einmal der Chasselas ausgeklammert worden, der mit 295 ha auch im Kanton Genf die am meisten angebaute weisse Sorte ist. – Wie der Präsident nach der Begrüssung zusammenfasste, stehen dieses Jahr noch ein Anlass mit Delinat-Bio-Weinen (17. Oktober) sowie der Jahresabschluss-Abend mit dem Thema Côtes du Rhône (24. November) bevor. Fürs 2019 bat er um Reservation des 31. Mai und 1. Juni, wo ein Ausflug ins Aosta Tal (kleinstes Rebbaugebiet Italiens) in Vorbereitung ist.

Peter Hässig informierte detailliert

ScheurebeDem Aligotè (Burgundersorte, nach DNA wahrscheinlich Gouaise Blanc x Pinot) folgte ein trockener Scheurebe-Wein (Anbau Genf 4.5 ha) der als hier nicht so bekannter Wein doch auf grosses Interesse stiess. Gemäss den kompetenten Informationen, die Peter Hässig zu jedem Wein weitergab, wurde diese aus Riesling x Bukettrebe gezüchtet, zuerst aber mit dem Sylvaner in Verbindung gebracht. Selbst die Produzenten verwenden auf ihrer Homepage immer noch Riesling und Sylvaner! Die Scheurebe erhielt ihren Namen übrigens definitiv erst nach dem Tod ihres Züchters Justus Georg Scheu (D) und wurde vorher lange (in Österreich eventuell immer noch) Sämling 88 genannt. pdfHier detaillierte Angaben zu den degustierten Weinen.

Feine Salate und leckeres vom Grill

Bei der nächsten Weisswein-Runde wurde bereits zum Essen eingeladen: Melanie Binggeli von der Mensa der HSL präsentierte ein feines Salat-Buffet und sorgte dafür, dass sich zudem alle an leckerem vom Grill gütlich tun konnten. Grosser Applaus war ihr sicher und sie wurde zum Dank für ihren Einsatz bei den Weinfreunden fürs 2019 als Freimitglied zum Mitmachen eingeladen. Zurück zum Wein: Zum passenden Poulet-Stück gabs als erstes einen feinen sehr ansprechenden Viognier zu verkosten. Die Herkunft der Sorte, die man von grossen Weinen der Côtes du Rhone her kennt, wird mit einer engen Verwandtschaft mit der piemontesischen Freisa erklärt. Der sympathische Tropfen erinnerte im Auftakt mit seinen feinen Blüten-Noten etwas an einen Sauvignon, war ein Wein mit guter Balance und erhielt allseits regen Zuspruch. Der letzte Weisse, ein gut strukturierter Pinot Gris (farbliche Mutation des Pinot Noir), war dann zum weissen Fleisch ein noch etwas kräftigerer Essensbegleiter als der zarte Viognier.

Dann folgten drei Spitzen-Rote

GamaretZur etwas deftigeren Kost vom Grill (Würstchen im Speckmanel plus Gluschtiges vom Schwein) wurden drei bemerkenswerte Rotweine serviert: Der erste, ein Gamaret, den der Schreibende als Spitzenvertreter dieser Schweizer Züchtung aus Gamay und Reichensteiner beurteilt. Auf die gleiche Züchtung geht ausserdem der farblich noch fundiertere Garanoir und die Mara zurück, wobei sich letztere bis jetzt nicht so gut durchsetzen konnte, wie ihre Geschwister.Bei diesem Wein, dessen ausgesprochene Würzigkeit vielleicht einigen Weinfreunden als aufdringlich erscheinen mag, stimmte aber wirklich alles: Das dunkle Rot mit satten Violett-Reflexen, dann die Ausgeglichenheit zwischen Säure und Alkohol sowie am Schluss die samtige Nachhaltigkeit, die dem Wein viel Charakter verleiht. – Der zweite Rote, der das Prädikat L‘ Esprit de Genève in jeder Beziehung verdient, wurde ein weiterer überzeugender Tropfen eingeschenkt. Wie Peter Hässig ausführte, unterstehen diese Qualitätsweine einer strengen Kontrolle. Sie müssen aus 50 Prozent Gamay plus 30 Prozent verwandter Sorten assembliert sowie teilweise oder ganz in Barriques ausgebaut werden. Bei den übrigen 20 Prozent sind die Weinmacher frei, was dann auch ihr kleines Geheimnis bleiben darf. Der letzte Wein – punkto Kraft und Saft das Tüpfchen auf dem i der degustierten Genfer Gewächse – ist als 50/50-Assemblage aus Merlot und Malbec entstanden und heisst in Anlehnung an die Anfangsbuchstaben m2. – Bei dieser qualitativ ebenfalls hochstehenden Provenienz mit internationalem Charakter passt alles. Die dunkle Farbe, das feine und ausgewogene Zusammenspiel der zwei Sorten sowie die kräftige Struktur, die am Schluss über alles eine fehlerfreie positive Einschätzung erlaubt.

Zum Dessert ein Findling (Griset Blanc)

Wie es sich an einem Sommeranlass gehört, wird man nach dem Hauptgang nicht gleich nach Hause entlassen. Schliesslich galt es noch Melanie Binggelis feinen Kuchen zu geniessen. Und dazu wurde ein Passerillé-Dessertwein aus Findling serviert, der in der Schweiz nur auf ungefähr einer Hektare angebaut wird; davon mehrheitlich im Kanton Genf, wo die Sorte auch Griset Blanc genannt wird. Die Sorte namens Findling wird auch in Deutschland geführt und in Oesterreich Bouvier genannt, wo sie punkto Anbau eine recht grosse Bedeutung hat. Der Weisswein mit Jahrgang 2014, dessen Farbe schon deutlich Bernstein zeigt, hat vielen gefallen. Trotz angenehmer Süsse sorgte die Ausgewogenheit mit der Säure dafür, dass man am rundum gelungenen und gemütlichen Abend nicht einfach mit einem klebrigen Süss-Getränk verabschiedet wurde. Herzlichen Dank an Peter Hässig und an die ganze Weinfreunde-Crew, die für besten Service sorgte und sich damit der Abend gut und gerne in die Reihe der vielen bestens gelungenen Anlässe des Vereins einordnen lässt!