Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Bericht von Fritz Sahli

Der erste Abend des Jahres gehört bei den Berner Weinfreunden üblicherweise Gewächsen einer einzigen Rebsorte. Diesmal stand die Primitivo- und Zinfandel-Rebe im Zentrum des Anlasses. Rebsortenkenner Dr. Philipp Hurni führte durch den Abend und überraschte mit interessanten Fakten. Fritz Sahli hat mit grossem Vergnügen mitdegustiert.

„Seit 2001 steht gemäss DNA-Analysen fest, dass die in Dalmatien bei Split gefundene Rebe Tribidrag genetisch mit der heute bekannten Primitivo- und Zinfandel-Rebe identisch ist“, gab der gut informierte Rebsortenkenner Philipp Hurni den 66 interessierten Berner Weinfreundinnen und Weinfreunden bekannt. Damit habe sich erwiesen, dass es sich bei der Zinfandel nicht um eine autochthone USA-Sorte handelt, wie von dort aus vorher immer wieder bekräftigt wurde, ergänzte er. Dabei ist überliefert, dass die vitis vinifera, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Europa in die USA gelangte und dann nach Kalifornien gebrachte wurde. Ihren aktuellen Namen erhielt sie schon 1852. Heute ergibt die früh reifende Rebe in den USA nicht nur in Kalifornien kräftige und alkoholreiche Weine, die sich durch ihr meist dunkles Rot grosser Beliebtheit erfreuen. Sie kommt z.B. auch in Südafrika, Australien und Israel vor. - Gemäss Bericht 2012 des Bundesamtes für Landwirtschaft wird in der Schweiz aktuell kein Primitivo angebaut. Dafür wird für den Zinfandel eine Fläche von immerhin einer Hektare ausgewiesen, die dem Kanton Genf zugeordnet wird.

Von der Zagarese zum Primitivo

Schon 1799 wurde ein Priester in Gioia di Colle (Apulien) auf die Sorte aufmerksam, die heute als Primitivo weltweit bekannt ist und damals noch Zagarese (die von Zagreb) hiess. Später wurde ihr dann nach dem lateinischen Ausdruck „primitivus“ (früh-reifend oder erst-reifend) der heutige Name gegeben. Apulien ist nach Sizilien und vor dem Veneto mit über 100‘000 ha Reben Italiens zweitgrösste Weinregion und leidet heute trotz vielen Spitzen-Gewächsen immer noch etwas darunter, dass das Gebiet weiterhin viele Billigweine hervorbringt. Wer aber bereit ist, für einen Primitivo gegen 10, oder sogar 20 bis 30 Franken auszulegen, bereut einen Einkauf in der Regel nicht. Dabei ist aber stets zu überlegen, ob man eher einen Wein mit süsslichem Antrunk, einem eleganten Tropfen mit um die 14 Vol.-% Alkohol vorzieht, oder ein Schwergewicht mit 15 oder sogar mehr Vol.-% auf dem Tisch haben möchte. Bei letzterem wird es dann schon langsam kompliziert eine Mahlzeit zu kreieren, die mit solch ausdruckstarken Provenienzen in Harmonie gebracht werden kann. Beachtet muss dabei auch werden, dass die schweren (konzentrierten) Gewächse oft auch fast übertriebene Frucht-, aber auch Pfeffer-, Gewürznelken- und Zimtnoten in Glas bringen, die anderseits natürlich degustativ grosse Freude machen.

Lange Suche nach der Wahrheit

Nachdem seit 1994 geklärt war, dass Primitivo und Zinfandel genetisch miteinander verwandt sind, wurde nach dem Vorliegen von bestimmten Hinweisen in Kroatien/Raum Dalmatien intensiv nach dem Ursprung der beiden Sorten geforscht. Klar war recht früh, dass die oft angegebene Ursprungssorte Plavac Mali wohl einen Verwandtschaftsgrad aufzeigt, aber keinesfalls dasselbe genetische Profil aufweist. Erst 2001 wurde man, wie eingangs erwähnt, in Kroatien fündig und konnte die Primitivo-/Zinfandel-Rebe dem Tribidrag-zuordnen und die drei als eine Rebsorte auflisten, obwohl sie sich nicht absolut einheitlich weiterentwickelten. In Kroatien kennt man sie auch als Crljenak Kastelanski, Probidrag und z.B. als Tribidrag. In Italien ist die Primitivo ausserdem als Morellone, Primaticcio, Primativo, Primitivo di Gioia und Uva di Corato bekannt. Auf die alte Bezeichnung Zagarese wurde schon oben hingewiesen. In den USA gibt es dagegen für den Zinfandel aktuell keine andere Benennung.

Nun wartet seit 2006 übrigens in Deutschland noch eine alte Rebsorte, der Blaue Scheuchner, auf eine DNA-Analyse. Die Sorte wurde vor acht Jahren in der Nähe von Heidelberg an der Badischen Bergstraße wiederentdeckt. Und ein Rebenforscher vermutet, dass sie mit der Tribidrag identisch ist (Stand 2013). Sollte sich das dereinst als richtig herausstellen, so wird die Tribidrag-Primitivo-Zinfandel-Geschichte in naher Zukunft wohl nochmals um ein Kapitel reicher.  

pdfDie ausgeschenkten Weine

Dank und Applaus

Die Berner Weinfreundinnen und Weinfreunde erlebten im Hotel Bern nicht nur einen lehrreichen, unterhaltsamen und spannenden Tribidrag-Weinabend, sondern kamen am Ende auch in den Genuss eines feinen Essens. - Alle zeigten sich zufrieden und die Präsidentin, Suzanne Hauswirth, durfte unter dem Applaus der Anwesenden dem Referenten und seinem Team aus dem Vorstand den besten Dank für ihren Einsatz aussprechen.