Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Degustation mit Winzern  St. Jodernkellerei Visperterminen

Dienstag, 15. September 2015

Bericht von Jean-Jacques Jaquier

Die Geschmacksnerven der Berner Weinfreunde waren am 15. September in Richtung Wallis orientiert. Genauer gesagt nach Visperterminen. Ein Dorf, das Heimat der höchstgelegenen Weinberge in Mitteleuropa ist. Die degustative Reise wurde vom Herrn Markus Burgener, Geschäftsleiter der St. Jodernkellerei geführt. Die Kellerei wurde 1980 als Genossenschaft gegründet, als Antwort zu den derzeitigen Herausforderungen der Weinbranche. Bewegt durch Unternehmens- und Kollektivgeist haben rund 120 Genossenschafter eine gemeinsame Erfolgsgeschichte bewirkt, die in hervorragende Produkte resultierte.

Heutzutage zählt die Genossenschaft ca. 500 Mitglieder. In einem Kanton, wo die Meinungen oft sehr polarisiert sind (ein Hinweis: in vielen Gemeinden hat jede politische Partei ihre eigene Musikgesellschaft!), ist die Jodernkellerei ein schönes Beispiel von Gemeinschaftswerk. Markus Burgener kann gratuliert werden, diese önologisch-diplomatische Aufgabe erfolgreich zu meistern.

bild 2Visperterminen (Tärbinu in Wallisrdeutsch) liegt in 1380 m Höhe am Taleingang des vorderen Vispertals. Die Weinberge beginnen bei ca 650 m und erstrecken auf ca 500 m Höhenunterschied. Die Ernte dauert deswegen 4 bis 5 Wochen und verlangt eine gute Organisation.

Visperterminen ist unter Weinfreunden und -kennern vor allem als „das Heida-Dorf“ bekannt. Die Heida-Rebsorte hat denbild 3 Ort berühmt gemacht. Die Rebsorte Heida ergibt einen sehr würzigen und sehr speziellen Weisswein, harmonisch, körperreich und mit ausgewogener Säure. Wohl zu Recht wird diese Rarität auch als „Perle der Alpenweine“ bezeichnet. Der Heida ist im französischen Jura als Savagnin blanc bekannt und bildet die Hauptbasis des bekannten Vin jaune.

Der Name „Heida“ kommt wahrscheinlich von „heidnisch“ und weist auf vorchristlichen Völker hin, die in den hohen Tälern schon zur Römerzeit gelebt haben sollen. Die welsche Bezeichnung „Païen“ des Weins unterstützt diese Interpretation. In jedem Fall blickt der Weinbau in Visperterminen auf eine lange Tradition zurück.

Die Degustation
Es wurden den Weinfreunden 12 Weine vorgestellt. Fünf Weisse, ein Rosépdf und sechs Rote.

bild 4Natürlich musste ein Fendant die Runde einleiten. Er ist heute vielleicht nicht mehr der König im Wallis. Der Chasselas bildet aber von den Ufern des Léman (Genfersee) bis Visp die solide Basis der Produktion und hat qualitätsmässig wesentliche Fortschritte in den letzten Jahrzehnten erlebt. Dazu nicht zu vergessen, dass er eindeutig zu unserem Terroir gehört, in Gegensatz mit den Chardonnay, Sauvignon und Co, die weltweit produziert werden. Der degustierte Fendant war der richtiger Anfang für den Geschmacksspaziergang in Visperterminen. Er hat Appetit auf weitere Truvaillen erregt.

Der zweite Weisse war ein Resi. Der Resi gilt im Wallis als autochtone Rebsorte und ist eine Rarität, die nur auf wenigen Parzellen zu finden ist.  Früher wurde der Gletscherwein (auch Vin des Glaciers genannt) sortenrein aus ihr gekeltert. Der Resi hat eine schöne, zitronengelbe Farbe. Er besitzt eine angenehme Frische, ist würzig und herb mit einem Zitrus Bukett.

Damit war der Weg für einen richtigen Aperowein (Aprowy in Walliserdütsch) eröffnet, ein Wein, der auch in Wallis als „Sonntagswy“ bezeichnet wird: ein Johannisberg. Die trockenen, sandigen Böden von Visperterminen sind für ihn bestens geeignet. Er besitzt ein fruchtiges Bukett mit den typischen Mandeln- und Dörraprikosennuancen.

Nach der erfolgreichen Ouvertüre konnte das visperterminische Flaggschiff Platz nehmen: der Heida. Er wird in der St. Jodern Kellerei in drei Varianten gekeltert: der Heida Visperterminen (wurde degustiert), der Heida Melodie und der Heida Barrique. Der degustierte Heida hatte ein feines Bukett mit einer Honignote und einen lang anhaltenden Abgang. Er kommt dem Heida Ruf vollgerecht.

Leider konnten wir die Musik der Heidamelodie nur durch die Interpretation von Dirigent Burgener hören. Sie war nicht Bestandteil der Degustation. Das gilt auch für den Heida Barrique. Die Heida Melodie ist nicht reinrassig. Sie wird mit dem verwandten Gewürztraminer verfeinert. Dieser soll ihm eine besondere exotische Fruchtaromatik geben, sowie eine natürliche Restsüsse. Der Heida Barrique wird in Original französischen Barriques ausgebaut, mit dem Ziel ihm eine vollendete Struktur zu geben.

Den Uebergang zu den roten Tropfen wurde einem Rosé und einem Muscat zugeteilt. Der Rosé war ein Dôle Blanche. Aus den Rebsorten Pinot Noir und Gamay wird ein lachsfarbiger Wein gekeltert. Der degustierte Wein besass ein delikates Bukett mit einer Nuss Nuance. Der Muscat entwickelte im Glas seinen vollen aromatischen Charakter. Blumig, fruchtig, mit langem Abgang. Er zeigte auch eine schöne Säure, was auch für Weinfreunde, die starke süssliche Noten nicht besonders schätzen, sehr angenehm war.

Die rote Palette bestand aus einem Gamay, zwei Pinot Noirs und drei Assemblagen.

bild 5Der Gamay war ein richtiger solider Vertreter der Rebsorte, mit kräftigem Aroma nach roten Früchten, nachhaltig im Abgang. Im Gegensatz war der erste Pinot noir für den Berichterstatter entäuschend. Der edle Charakter des Pinot war für ihn nicht vorhanden. „Bei längerer Lagerung entwickelt er eine Hauch einer Herbstbrise“ sagt der Prospekt der Kellerei. Ich weiss nicht, ob der gewünschte Wind kommen wird…

In vollem Gegensatz zum ersten Pinot Noir war der zweite eine sehr schöne Entdeckung. Der präsentierte Pinot Noir Barrique (eigentlich der letzte Wein in der Serie des Abendes) nutzte die optimalen klimatischen Verhältnisse von Visperterminen voll aus. Durch den Ausbau im Barriquefass werden zusätzlich seine Eigenschaften hervorragend unterstützt.  Die leichten Röstaromen begleiten die typische Pflaumennote des Pinot. Reife Tannine ergeben einen schönen Abgang.

Zur gelungenen Degustation gehörten auch drei Assemblages. Der erste mit Namen Mitra (ein Gruss zum Sankt-Patron der Kellerei !) vermählt Gamay und Pinot Noir. Somit wäre diese Zusammenstellung eigentlich nicht ein Dôle? Nein, weil er noch mit einer „beliebten Rebsorte“ veredelt wird. Welche Rebsorte? Ein Geheimnis. St. Jodern weiss es sicher. Der Mitra wird wie ein Amarone bearbeitet. Er zeigt ein reichhaltiges Bouquet mit Minzenote. Die Tannine verleihen Ausgewogenheit und Harmonie.

Mischabel nennt sich der Zweite (ein hohes Ziel: der Mischabel Dom gipfelt auf 4545 m!) und besteht aus einer Selektion aus Trauben der Sorten Pinot Noir und Gamaret. Das Zusammenspiel der feinen Fruchtnoten des Pinot Noir und die Tannine des Gamaret wird in Fûts de chêne ausgereift. Dies ergibt eine fruchtreiche Aromapalette. Dazu wirkt eine tanninnreiche, komplexe Struktur.

Assemblage Visperterminen nennt sich ganz bescheiden die letzte degustierte Assemblage. Pinot Noir, Gamaret und Syrah vereinigen sich in einen kräftigen Rotwein. Der Name ist einfach. Die Kellerei klassiert ihn aber als Aristrokrat unter seinen Rotweinen. Die fruchtigen Aromen des Pinot, die Tanninen des Gamaret und die Finessen des Syrahs werden durch die einjährige Reifung in französischen Barriques hervorgehoben.

bild 6Zusammengefasst war es eine gelungene Degustation. Dies dank sehr schönen vorgestellten Weinen und dank einem kompeteten und sympathischen Redner (mit Original Walliser Ton!). Der Abend war eine Bestätigung, dass die Walliser Winzer auch in der Champion Liga spielen können!

Sankt Jodern
Wer ist eigentlich dieser Sankt Jodern, der sich um die Heida Weinberge sorgt und für eine Kellerei wirbt ?

bild 7Sankt Jodern ist auch bekannt als der Heilige Theodul (oder Theodor). Er war Bischof von Octodorus (Martigny) und vermutlich der erste Bischof in Wallis. Er ist der Landespatron des Kantons. Um 380 hat er eine Kirche bauen lassen, die in 515 die Grundlage für die berühmte Abbaye de Saint-Maurice bildete (in diesem Jahr feierte die Abtei 1500 Jahre). Wie jedem Heiligen wurden Sankt Jodern Wunder und Sagen vom Volk zuschrieben. Ein Wunder würde dem Weinfreunden-Verein besonders gefallen: Jodern segnete ein Kufe voll köstliches Wein. Die Kufe gab des köstlichen Weines, soviel man nur verlangte; sie war nie leer. Sie gab noch Wein, als der Bischof schon längst gestorben war. Es ist nicht alles. Ein anderes Mal konnte Jodern den Teufel überlisten und in der selben einzigen Nacht Wallis-Rom Retour fliegen, um den Papst vor schweren Sünden zu retten. Als Dank schenkte ihm der Papst eine grosse Glocke. Die Glocke und der Teufel sind die Attribute von Sankt Jodern in der Ikonographie geworden. Möchten Sie mehr wissen? Clicken pdfSie hier...

Sie konnten an der Degustation vom 15. September nicht mitmachen? Die Weine haben aber Ihr Interesse geweckt? Möchten Sie die Glocke des Bischofes Jodern sehen oder sogar hören, möchten untersuchen, ob der Teufel durch engen Gassen des Dorfes schleicht… oder einfach in der Kellerei einen edlen Tropfen geniessen? Wenn ja, ist die Abfahrt der Bahn um 9.07 Uhr ab Bern nach Visp. Um 10.10 Weiterfahrt nach Visperterminen mit dem Postauto. Eintreffen um 10.33 gerade zur passenden Zeit für ein Apero mit einem Glas süffiges Heida oder Johannisberg. Viel Vergnügen! Herr Burgener wartet auf Sie...