Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Bern - Berichte & Fotos

Bericht von Fritz Sahli

Alles was des Weinfreundes Herz begehrt
60 Mitglieder der Berner Weinfreunde erlebten am 12. September einen lehrreichen Waadtländer Abend, degustierten feine Weine und liessen sich durch Referent Christoph Venetz erst noch gut unterhalten.

Geschichtliche Verbindung
Zahlreiche Berner Weinfreunde haben freundschaftliche Beziehungen zu Winzern am Bielersee und kennen die Provenienzen dieses Kantonsteils bestens. Bei andern gehört - mindestens punkto Weissweine - das Waadtland zu den beliebtesten Weinbauregionen. Schliesslich gab es ja hier in geschichtlicher Vorzeit Verbindungen, an die man sich im zweitgrössten Weinbaukanton der Schweiz allerdings nicht so gern erinnert: Die Waadt stand nämlich von 1536 bis 1798 unter bernischer Herrschaft. Vielleicht rührt es aber gerade daher, dass man im Bernbiet gerne weissen und zunehmend roten „Waadtländer“ trinkt.

Wandel zur Professionalität
Die Berner Waadtländer Fans kamen im Zusammenhang mit der bekannten Wanderdegustation im Hotel Bern voll und ganz auf ihre Rechnung. Mit seinem kernigen, sympathischen Walliser Dialekt zog der bekannte Referent und profunde Kenner der Schweizer Weinszene, Christoph Venetz, die Berner sofort in seinen Bann. „In den letzten 40 Jahren fand im Waadtland punkto Rebbau und Weinproduktion ein Wandel zu grosser Professionalität statt“, stellte er fest. Dazu trat er auf das Entstehen von Rebsorten ein und hielt fest, dass die in der Waadt und da eigentlich weltweit am meisten angepflanzte Sorte „Chasselas“ klar aus dem Raum Genfersee stammt. Das hätten DNA-Analysen („als Vaterschaftstest für Rebsorten“) bestätigt. In den Weinen dieser Sorte und Stolz der Westschweiz, spiegle sich denn auch das Terroir der verschiedenen Regionen hervorragend wieder. Auch habe sich gezeigt, dass Waadtländer Weine über eine grössere Lagerfähigkeit verfügten, als man allgemein angenommen habe. - Gerade in Anbetracht der grossen Auswahl an Rebsorten in unserem Land sprach sich der Weinfachmann und Beauftragte des Office des Vins Vaudois klar und deutlich für den Konsum von Schweizer Weinen aus. Sein umfassendes Wissen, das er humorvoll und doch nachhaltig zu vermitteln verstand, kam dann ebenfalls beim Erklären und Kommentieren der degustierten Provenienzen der Sélection des vins vaudois voll und ganz zum Tragen. Dabei kann, ohne schon auf die Liste der ausgeschenkten Weine zu schauen, gesagt werden dass es hier Gutes zu Verkosten gab. Besonders auch die in den letzten Jahren im Waadtland neu angepflanzten Sorten und die Neuzüchtungen stiessen bei den Teilnehmenden des gelungenen Anlasses auf grosses Interesse. - Von den Weinen im Preisrahmen von 10 bis 26 Franken haben mich bei den Roten der reinsortige Gamay „Atlantique“ aus Givrins und der Garanoir aus Chardonne am meisten überzeugt. Bei den Weissen standen neben dem reifen Dézaley die beiden Yvorne (der jugendlich, rassige Chasselas und der fruchtige Savagnin), aber auch der wunderbare Chardonnay aus Begnins im Vordergrund. Wie immer gilt aber auch hier: Niemand empfindet gleich wie sein Nachbar, der z.B. bei den Roten die Assemblagen besser als die reinsortigen Weine fand.

Zu den AOC-, GC- und PGC-Vorschriften

Die wichtigsten 10 Rebsorten
Im Waadtland werden 46 namentlich erwähnte plus zahlreiche andere Rebsorten(oft auch nur versuchsweise) angebaut. - Nirgendwo in der Schweiz steht mehr Chasselas (2326 ha) im Anbau, als hier. Dann folgen Chardonnay (39), Pinot Gris (33), Doral (25) und als 5. Pinot Blanc (14). - Bei den Roten stehen Pinot Noir (505 ha) und Gamay (421) klar an der Spitze. Gefolgt von Gamaret (134), Garanoir (109) und mit Abstand Merlot (37).

Im Jahr 2011 standen in der Waadt gemäss Zahlen des BA für Landwirtschaft 3813 ha unter Reben (66 Prozent Weisse und 34 Prozent Rote). Die Weinproduktion 2011 lag bei 307‘000 hl, was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 7 Prozent bedeutet. Beim Weisswein wurden rund 217‘000 hl (70 Prozent) und beim Rotwein 90‘000 hl (30 Prozent) produziert. - Weisse Weine ohne Rebsorten-Hinweis auf der Etikette müssen aus Chasselas vinifiziert sein. Bei allen andern weissen Rebsorten ist ein Hinweis auf die Sorte obligatorisch. Bei Assemblagen ist der Vermerk „Assemblage de cépages“ oder die Erwähnung der verschiedenen Rebsorten obligatorisch. - Gleich verhält es sich bei den Rotweinen, wo einzig die klassischen Pinot/Gamay-Flaschenweine oft nur den Orts- oder den Gemeindenamen tragen. - Alle weiteren wichtigen Angaben zur den AOC-Regionen (sie wurden in der Einladung vorgestellt) und den Crus finden Sie im Kästchen. - Nicht erwähnt ist dort das Qualitätslabel „Laurier d’Or Terravin“ der entsprechenden Winzerorganisation (www.terravin.ch). Diese Auszeichnung dürfen nur weisse und rote Spitzenweine tragen, die bei einer strengen Bewertung mindestens 18 von 20 Punkten erhalten.

Die ausgeschenkten Weine
Alle ausgeschenkten Weine sind Goldmedaillengewinner (einige aus dem Vorjahr ohne Punktezahl/GC bedeutet Grand Cru): Zum Apéro wurde der „Starlight“, brut, Schaumwein méth. traditionell aus der Sorte Kerner (Roland Gaillard, Perroy, 89.8 von 100 Punkten, Fr. 25.00) verkostet. - Chasselas-Serie: 1. Mont s/Rolle, GC, Ch. de Châtagnéraz 2010 (Schenk SA Rolle, ca. 10.00) ; 2. Yvorne, Le Florin 2011 (Les Celliers du Chablais, Aigle, 92.4, 15.50) ; 3. Dézalay 2009, GC, Les Gardins (E.&L. Fonjallaz, Epesses, 19.50). 2. Serie: 1. Savagnin 2011 aus Yvorne, GC, Ch. Maison Blanche (Schenk SA Rolle, 93.2, 17.30); 2. Chardonnay 2010, GC, Begnins, Domaine La Capitaine (R. Parmelin, Begnins, 91.0, 21.50); 3. Viognier 2011, Cave des Curtis Chardonne (J-M. Favez, St Légier, 90.8, 18.50). Rotwein-Serie: 1. Assemblage Rouge 2011, Rochettaz/Pully (Cave Communale Pully, 95.0! - höchste Punktezahl der Sélection 2012, 14.00; 2. Garanoir 2009, Les Curnilles Chardonne, Dom. des Rueyres, (J-F. Cossy, Chardonne, 20.50) ; 3. Gamay 2010, Atlantique, Givrins (Ph. Bovet, Givrins, 93.0, 26.00). - Zum Essen wurde die Assemblage Rouge 2010 (Gamaret, Garanoir, Dornfelder und Gamay) der Domaine de la Croix (Y. Parmelin, Bursins, 17.95), serviert. Dazu gabs aus der Hotel Bern-Küche ein echt passendes „papet vaudois“ mit feiner Saucisson und zartem Geräuchertem. Zum Ausklang und Dessert durfte schliesslich auch noch der beste Süsswein der Sélection, ein ausgewogener Spitzen-Gewürztraminer 2009, Vendange tardiv, der Domaine du Châtelard, Villeneuve (Hammel SA Rolle, 93.6, 3/8 lt. 22.00), verkostet werden. - Herrlich!

Dank und Applaus
Die Präsidentin, Suzanne Hauswirth, dankte Christian Lauterburg und seinen Helferinnen und Helfern für die Organisation des Abends. Ganz besonderen Applaus gabs aber anschliessend natürlich für Christoph Venetz, der neben vielen Komplimenten für seinen engagierten Auftritt ein typisches Berner Präsent mit auf den Heimweg nehmen durfte.