Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Schaffhausen - Berichte & Fotos

Heuer war es nach coronabedingter Verschiebung endlich soweit: Die Schaffhauser Weinfreunde erlebten während fünf Tagen eine in allen Belangen herrliche Weinkulturreise nach Dresden und über die Elbe zu den Weinregionen des ehemaligen Königreiches Sachsen.

Knapp 700km Reisestrecke von Schaffhausen bis Dresden lagen vor uns. Die kleine aber feine Reisegruppe von 25 WeinfreundInnen fand im Rattin-Reisebus genügend Platz um sich breit zu machen. Die angenehme Fahrt wurde in Nürnberg für eine Mittagspause in der Altstadt unterbrochen. Die staufreie Verkehrslage – mindestens in unsere Reiserichtung – erlaubte es Präsident Cornel Oertle, die Spendierhose über zu ziehen: Mit einer Scheurebe aus der Bocksbeutelflasche wurde die Zeit bis zum fränkischen Mittagessen im Weinrestaurant Steichele ideal verkürzt.

Nach Weiterfahrt und planmässiger Ankunft in Dresden waren die Weinfreunde im «Rossini» des Hilton Hotel Dresden zum ersten Sächsischen Nachtessen geladen. Dabei machten wir zum ersten (und nicht zum letzten) Mal die Bekanntschaft mit der «Eierschecke». Sie ist der berühmteste und beliebteste Kuchen in Dresden. Schecke ist ein Blechkuchen aus Hefeteig mit einem Belag aus Äpfeln, Quark mit einem Guss aus Rahm, Ei, Zucker und Mehl zur Bindung; klingt alles sehr leicht und kalorienarm! Der aus Dresden stammende Schriftsteller Erich Kästner sagte einmal, dass die Eierschecke eine Kuchensorte in Sachsen sei, die zum Schaden der Menschheit auf dem Rest des Globus unbekannt blieb. Mittlerweile ist sie Kult.

Zu Beginn des Aufenthalts war Stadtbesichtigung angesagt. Ab unserem zentral bei der Frauenkirche gelegenen Hotel Hilton ging’s zu Fuss durch die barocke Altstadt von Dresden. Vom Fürstenzug (grösstes Porzellangemälde eines Reiterzuges [102m lang], aufgetragen auf rund 25’000 Fliesen aus Meissner Porzellan), vorbei am Residenzschloss, der Semperoper und dem Zwinger und wieder zurück an der Frauenkirche vorbei auf die Brühlsche Terrasse an der Elbe. Schwer vorzustellen für uns, dass unsere Tour noch vor 40 Jahren wohl gänzlich anders ausgesehen hätte. Nach dieser eindrücklichen Führung stand für Viele unter uns bereits fest: Allein schon die Stadt Dresden verdient einen zweiten Besuch!

Einige Basics zum Sächsischen Weinanbau: Mit rund 500 Hektar bestockter Rebfläche (ziemlich exakt vergleichbar der des Kantons Schaffhausen) gehört das nordöstlichste Weinanbaugebiet zu den kleinsten in Deutschland. Am 51. Breitengrad werden ca 80% weisse und ca 20% rote Rebsorten angeplanzt. Noch eine Einzigartigkeit: Sachsen ist das Anbaugebiet der Kleinwinzer, über 90% der ca. 2.000 (!) Weinbauern sind Kleinwinzer. Etwa 40% bewirtschaftet gerade einmal zwischen 1 und 100m2 Rebfläche. Es gibt 38 Weingüter im Haupterwerb und 42 Weingüter im Nebenerwerb. Der größte Erzeuger ist die Winzergenossenschaft Meissen.

In der Kleinstadt Coswig – dem Weinversteck im Elbland – galt unser Besuch dem «Weingut Matyas». Der kleine Familienbetrieb bewirtschaftet direkt an der Sächsischen Weinstrasse zwischen Dresden und Meissen ca 8ha Rebfläche. Im übersichtlichen Keller wird moderne Kellertechnik mit bewährten traditionellen Verfahren der Weinbereitung verbunden. Bei der erläuterten Degustation von vier weissen Gutsweinen wird unser positiver Ersteindruck bestätigt.

Auf Schloss Wackerbarth in Radebeul, wo früher Grafen residierten und schon der Hof Augusts des Starken rauschende Feste feierte, wurden die Weinfreunde später zur Besichtigung unter dem Motto «Historie und Wein» vom ersten Erlebnisweingut Europas begrüsst. Die einzigartige Verbindung aus Architektur und Landschaft, aus Geschichte und Moderne, aus Kultur und Genuss war in der Führung überall zu spüren; hier wird die Weinproduktion von ca 90ha in allen Facetten zelebriert. Da knapp die Hälfte der Produktion von 600'000 Flaschen in klassischem Flaschengärsekt aufgeht, wurde adhoc aus der eigentlich geplanten Weindegustaton eine Sektdegustation, bei der jeder Sekt durch unsere Führung mit einem trefflichen Trinkspruch versehen wurde.

Auch wenn man(n) für teures, ausschliesslich von Hand gefertigtes Porzellan nicht viel übrig hat, die Führung durch die staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen war interessant und hatte sich sehr gelohnt. Mit grösseren Erwartungen trafen wir bei der grössten Winzergenossenschaft Sachsens, den «Winzer Meissen» ein. Aktuell bewirtschaften 1500 Mitglieder (vorwiegend Kleinstwinzer) rund 135ha Reben entlang der Elbe von Pirna bis nach Meissen. Im Kellerlabyrinth unterhalb des ehemaligen Kurfürstlichen Weinguts entstand 2008 die WeinErlebnisWelt Meissen, mit der die Winzer Meissen ihren Wein erlebbar machen. Effektvolle Beleuchtung der Keller und moderne Technik setzen auch hier das Ambiente für die Besucher gekonnt in Szene. Wir erlebten eine unterhaltsame Kellerführung und eine mit Weinraritäten gespickte Weinprobe.

Unser nächster Besuch führt tags darauf elbeaufwärts nach Pillnitz in den Königlichen Weinberg, welcher mit 7ha eine einzigartige Kulturlandschaft an den Dresdner Elbhängen bildet. Vor fast zwei Jahrhunderten unter der Regentschaft des sächsischen Königs Friedrich August dem Gerechten hat er seine jetzige Gestalt erhalten. Klaus Sauer, Hobbywinzer/Winzer im Nebenerwerb bewirtschaftet heute seine Rebflächen unmittelbar neben der schmucken Weinbergkirche am Pillnitzer Königlichen Weinberg. Der Winzerhof Sauer firmiert unter der Marke "01326 … hier zuhause», mit der Postleitzahl von Pillnitz, wo der Wein wächst und der Winzer wohnt. Marketingtechnisch ein geschickter Zug und einladender, als wenn auf der Weinflasche der Name «Sauer» zu prominent stände. Die Weinprobe im kunstWEINgarten bzw. der Besenwirtschaft des kleinen Winzerhofs runden diesen Besuch ab.

In Schloss und Park Pillnitz – dem einstigen Lust- und Spielschloss Augusts des Starken für seine Maitresse Gräfin Cosel – genossen die WeinfreundInnen angenehme Kühlung, sei es im Schatten, bei einem sächsischen Bier und/oder einem Traminersorbet. Für die Heimfahrt stand später das Salonschiff «August der Starke» bereit. Im Salonabteil auf dem Oberdeck erlebte der Schreibende zum ersten Mal eine «fahrplanmässige Weindegustation»: Auf der Elbe-Schifffahrt nach Dresden wurde uns eine kommentierte Weinverkostung von verschiedenen «Cool climate»-Weinen der Elbterrassen geboten; ein weinfreundliches Erlebnis und ein sinnvoller Genuss der Sonderklasse!

Das Galabuffet mit vielen warmen und kalten Leckerbissen, Schmankerln und Sächsischen Spezialitäten, wiederum im Restaurant Rossini setzte mit einem grossen Ausrufezeichen den Schlusspunkt hinter die von Vorstandsmitglied Peter Bührer sehr gut organisierte und gelungene Weinreise. Wetten Sie darauf, sie hätten mit Bestimmtheit noch eine letzte «Dresdner Eierschecke» auf dem kalten Buffet vorgefunden; auf Wiedersehen in Dresden und seinen herrlichen, sächsischen Weinperlen!

Verzeichnis der genossenen Weine:

Weingut Matyas, Coswig:
Müller-Thurgau trocken, 2020
Goldriesling trocken, 2021
Bacchus trocken 2021
Grauburgunder Spätlese trocken, Radebeuler Johannisberg, 2020, im Eichenholzfass gereift

Wein- und Sektkellerei Schloss Wackerbarth, Radebeul:
Hommage 1836 Rosé, extra trocken, au Bussard
Pinot, 2016 brut nature
Paradies, Riesling Spätlese, 2019

Winzer Meissen, Meissen:
Saxecco weiss, Deutscher Perlwein
Blanc de noir, 2021
Goldriesling trocken, 2021
Müller-Thurgau trocken, 2021
Grauer Burgunder Kabinett trocken, 2020
Dornfelder trocken, 2019

«01326 – hier zuhause», Winzerhof Sauer, Pillnitz:
Müller-Thurgau
Riesling
«Dreisatz», Müller-Thurgau (50/50 Stahltank/Holz)
Traminer
Spätburgunder (Fassprobe)

Weinprobe auf dem MS «August der Starke»:
Weinhaus Hoflössnitz, Radebeul: Lössnitzperle, Secco weiss
Schloss Wackerbarth, Radebeul: Elbterrassen Cuvée trocken
Weinhaus Prinz zur Lippe, Niederau: Cuvée weiss trocken (Grauburgunder, Elbling, Weissburgunder)
Weingut Drei Herren, Radebeul: Riesling trocken, 2017
Weingut Schloss Poschwitz, Zadel: Prinz zur Lippe Rosé trocken, 2020

Hier die Fotos unserer Weinreise 2022 nach "Dresden und seinen sächsischen Weinperlen".
Etwas über 250 Bilder zur ausführlichen Nachbetrachtung unserer Reise, mit den meisten Weinen und den weinfreundlichen Gesellschaftsaspekten.

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