Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Schaffhausen - Berichte & Fotos

Wie wird eigentlich aus reifen und gesunden Früchten eine Distillerie-Delikatesse?

Mit dieser Frage zu einem weinverwandten Thema gingen zwei Gruppen der Schaffhauser Weinfreunde an zwei Weiterbildungsabenden in der Distillerie Zimmerli in Hallau für einmal etwas fremd.

Entgegen den Aussichten auf „trockene Theorie“ begann der Weiterbildungsabend noch ganz weinfreundlich ordinär bei einem schönen Glas Riesling-Silvaner zum Aperitiv. Präsident Cornel Oertle verkündete mit Augenzwinkern, dass nicht Schnaps sein letztes Wort sei, sondern die Begrüssung unseres Gastgebers.

Hans Zimmerli, Brennmeister, Inhaber und einziger Mitarbeiter in Personalunion schritt unverzüglich zur Tat: Er verschloss den bereits mit Mirabellen-Maische befüllten Brennkessel und startete die Befeuerung. Heute geschehe dies nicht mehr mit offenem Feuer sondern schonend, indirekt mit heissem Wasser. Erst jetzt erfuhren wir in kurzweiliger Form und aus erster Hand, welche Zutaten zur „Brennkunst“ gehören.

Eine Brennerei verarbeitet eine Vielzahl zucker- und stärkehaltige Rohstoffe, d.h. Früchte, Getreide querbeet. Früher galt, was nicht essbar war, wurde zu Schnaps. Heute sind hingegen vollreife Früchte von sehr guter Qualität gefragt. Im 2017 nach Frühjahrsfrösten sei dies gar nicht einfach gewesen. Das Einmaischen der Früchte erfolge mit Reinhefe, obwohl Früchte selber auch gären. Der Brenner müsse sicher sein, dass die Vergärung des Zuckers in der Maische zum Alkohol (bis zu 20 Vol.-%) optimal verlaufe. Mit dem Brennen dieser Maische wird dann eben der Alkohol aus der Maische destilliert. Ziel dabei ist immer die Gewinnung einer wohlschmeckenden Lösung aus Alkohol, Wasser und Aromastoffen. Zur Reifung lagert das Destillat (ca 80 Vol.-%), wird danach auf Trinkstärke (ca 40 Vol.-%) verdünnt, filtriert und steht dann zur Abfüllung, zum Vertrieb und Genuss bereit. Die Frage sei erlaubt: Wo findet denn bei diesem Prozess die „Brennkunst“ statt?

Es beginne bereits bei der richtigen Auswahl der Früchte, ob diese vor dem Einmaischen nur gequetscht, gepresst oder entsteint werden. Bei vielen Prozessen sei er zum Teil noch etwas altmodisch meinte Hans Zimmerli lachend. Ohne Stein werde z. B. eine Zwetschge „zu schön und zu rein“. Auf alle Fälle wisse er auch ohne Rezeptbuch immer und genau, wie er seine Spirituosen gerne haben möchte.

Nach einiger Zeit der Erklärungen begann dann, fast schon unbemerkt, aus dem Hähnchen nach dem Kondensator (Abkühlung) der Vorlauf zu quillen. Darin befinden sich nebst Alkohol verschiedene leichtflüchtige Substanzen, darunter viel giftiges Methanol. Der Vorlauf ist deshalb für den menschlichen Genuss nicht geeignet, wird aber zum Beispiel traditionell äußerlich zu medizinischen Zwecken (Franzbranntwein), zur Desinfektion und als Reinigungsmittel (Scheibenwischerflüssigkeit) eingesetzt. Dem „Herzstück“ oder dem Hauptlauf, das heisst dem genussfähigen Brand in bereits vollendeter Form widmeten wir uns dann im gemütlichen Degustationsraum.

Bei der Blind-Degustation verschiedener Destillate musste dann die eigene Nase ran! Am Alkohol vorbei „schnuffelten“ unseren Nasen um die Wette. Dabei war lediglich gefragt, welche Früchte hinter den 12 Spirituosen (z.B. Williams, Gin, Whisky, Marc, Absinth, Kardamom, etc.) steckten. Gar nicht so einfach, wenn einem nur flüchtige Aromen um die Nase streichen. Bei der unterhaltsamen Auflösung beantwortete unser Gastgeber kompetent diverse Fragen der Weinfreunde. Auf die Frage, woher die Farbe in den Bränden käme, sagte Hans Zimmerli: „Reiner Alkohol ist immer klar“ und der Schreibende dachte: „… auch wenn schwarz gebrannt!“ Korrekte Antwort auf die Frage war natürlich, dass z. B. die Reifelagerung in Eichenholzfässern, dem Brand eine leicht bräunliche Farbe verleiht.

Nach belegten Brötchen und einer mundende Schwarzwälder-Kirschtorte setzte Gastgeber Hans Zimmerli beim Kaffee mit der Ermunterung, doch vermehrt an allen Produkten zu riechen, den Punkt unter einen interessanten und lehrreichen Weiterbildungsabend.

Wie geheissen mit der Nase an einer herrlich fruchtig duftenden „Vieille Williamine“ wurden beim Schreibenden warme Erinnerungen an längst vergangene 70er-Jahre-Tage geweckt – obwohl wir damals schnöde nur „Cola-Williams“ genossen.

Cornel Oertle

Einige Bildeindrücke der zwei Weiterbildungsabende ...
... hier vom ersten Abend: Für Vergrösserung und Album Click auf die Foto bitte!

... und hier vom zweiten Abend: Für Vergrösserung und Album Click auf die Foto bitte!

Der Bericht folgt.