Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Schaffhausen - Berichte & Fotos

In der Rebschule

Bei unserem traditionellen Weiterbildungsabend wollen wir dieses Jahr unser Wissen puncto Klone und Rebenveredelung erweitern. Wer eignet sich hierzu wohl besser als Martin Auer, Ingenieur-Agronom ETH, Inhaber der Rebschule Auer? – Wohl niemand. Das Interesse scheint gross zu sein und so dürfen wir knapp 40 Weinfreunde und Weinfreundinnen unserer Sektion um 19 Uhr bei der Rebschule begrüssen.

Martin Auer fällt mir gleich auf durch sein reichhaltiges Wissen über die regionalen und weltweiten Reben. Eine Auswahl an Informationen, welche für mich sehr interessant sind, seien im Folgenden angeführt:
- weltweit existieren etwa 10'000 Rebsorten, in der CH kennen wir ca. 500.
- in seiner Rebschule werden jährlich etwa ½ Million Pflanzen produziert und schweizweit vertrieben – und diese werden in der Regel als 
  einjährige Pflanzen ausgeliefert.
- heutige Reben weisen eine durchschnittliche Lebensdauer von 40-50 Jahren auf.
- Tendenz schweizweit: die Pflanzenschutzmittel sollten heruntergefahren werden. Des Winzers liebster Spritz, der «Roundup» ist natürlich
  ebenfalls davon betroffen. Vorteil dieses Spritzes: Er wirkt nicht über die Wurzel, sondern ausschliesslich über die grünen Teile der Pflanze.
  Somit kann in einem Arbeitsgang Unkraut bekämpft und gleichzeitig eingesät werden, denn Glyphosate haben keine Auswirkung auf Keimung
  und Wuchs.

Zwischen all diesen äusserst interessanten Ausführungen dürfen wir in seinem Sortengarten (eine Spezialität) herumschlendern und uns an diversen Trauben gütlich tun, wovon wir ausgiebig Gebrauch machen. 10 % seiner Produktion ergeben Tafeltrauben, der Rest dient der Weinproduktion. Haben wir wohl das Kontingent der Tafeltrauben bereist im Magen?

Die einbrechende Dunkelheit zwingt uns, die Reben zu verlassen und in den Degustationsraum zu gehen. Da werden wir überrascht mit zwei Weintheken, welche mit über 50 Flaschen Rot-und Weissweinen bestückt sind, die bekannte und neue Sorten beinhalten. Wir dürfen, unserer eigenen Weinneugier entsprechend, so viele und welche auch immer probieren.
Wir werden in zwei Gruppen aufgeteilt: eine Gruppe darf sich weiterhin an den Weinen und den gereichten sehr leckeren Käse/Fleischplättchen gütlich tun, die andere Gruppe wird in den Nebenraum gebeten um den Pfropfvorgang miterleben zu können. Einiges Wissenswertes aus kompetentem Munde:

Weshalb ist eine Rebenveredelung überhaupt notwendig?
Reblausbefallens RebenblattIm Jahre 1880 wurde die Reblaus aus Amerika eingeschleppt. Die europäischen Kulturreben (Vitis vinifera), die früher auf eigener Wurzel standen, wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts von dieser befallen. Dieser Schädling kam zuerst nach Frankreich und breitete sich schnell in den europäischen Weinbaugebieten aus. Dort richtete er verheerende Schäden an. Die Reblaus verursachte an den Wurzeln der Europäerreben Anschwellungen (Tuberositäten), die zu anschliessendem Pilzbefall und in der Folge zum Absterben der Rebstöcke führten. Diese vernichteten die Wurzeln unserer europäischen Reben, das heisst, die Reben haben sich stranguliert (Aussage Martin Auer). Um den europäischen Weinbau zu retten, benutzte man amerikanische Wildrebenarten als Unterlagsreben für die europäischen Edelreben. Die amerikanischen Reben sind gegen die Reblaus widerstandsfähiger oder sogar ganz resistent. Die Reblaustoleranz beruht auf der Bildung einer Korkschicht, welche die Ausbreitung der Tuberositäten eingrenzt, eine Vermehrung der Rebläuse wird dadurch aber nicht verhindert (siehe Bild rechts).

Erwähnenswertes DOmega pfropfenetail: Für das Rebenwachstum im Topf wird kein Torf mehr verwendet, sondern nur noch Rindenhumus. Die Unterlage für das Pfropfen ist in der Schweiz die Vitis berlandieri Pflanze (Der Entdecker der Reblaus, Jules Emile Planchon, beschrieb die amerikanische Wildart um 1880 und nannte sie nach dem Schweizer Biologen Jean Louis Berlander, der diese erstmals katalogisiert hat). Dieses einjährige, amerikanische Rebholz kommt aus der Gegend von Verona. Von diesem werden die Knospen entfernt, somit kann die Rebe als Selbstbestäuber auch nicht austreiben. Als Unterlagsrebe ist sie von grosser Bedeutung, dass diese Reblaus resistent ist. Das Pfropfen wird mit einem kleinen, praktischen Werkzeug durchgeführt. Darauf zu achten ist, die passende Grösse zwischen Edelreis und Knospe. Martin zeigt uns die Veredelung mit dem Omega-Schnitt (siehe Bild links).

Was ist ein Klon?
Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet Zweig. In der Knospe sitzt die exakte Kopie der Pflanze. Dies bedeutet im Weinbau die Produktion eines genetisch identischen Rebstockes; das heisst, der Abkömmling weist die gleichen Erbinformationen auf, wie das Rebenoriginal. Dies wird in der Praxis nur durch eine vegetative Vermehrung möglich gemacht, nicht durch Aussaat von Samenkernen. Eine Rebe kann auf drei Arten vegetativ vermehrt werden: Durch Stecklinge, durch Absenkern oder durch Aufpfropfen eines Reises, welches von der Originalrebe stammt, auf eine neue Unterlagsrebe.
Eine vielversprechende Neuzüchtung ist die Rotweinsorte Gamaret= Kreuzung von Gamay und Rechsteiner. Der Gamaret zeichnet sich durch eine hohe Resistenz gegen Grauschimmelfäule aus und wird sehr früh reif.

Mit neuem Wissen und auch kulinarisch gestärkt, machen wir uns dann später auf den Heimweg.

Yvonne Birkner

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