Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Weingilde Gallus - Berichte & Fotos

(Fotos: Zakia Wurster, Max Frei, Stefan Schreiber)

Unser Gildenmeister Franz Bertsch verschickte die Einladung für die Weinreise an die Mittelmosel an die Mitglieder der Weingilde Gallus per e-mail am 09.06.2022 ganz kurz vor Mitternacht. Am 11.06.2022 traf sich die Gilde um 14.00 Uhr beim Weingut Haubensack in Altstätten zur Besichtigung vom Weingut und Verkostung köstlicher Weine. Schon bei der Begrüssung durch unseren Gildenmeister teilte er uns mit, dass die Weinreise an die Mittelmosel bereits ausgebucht sei.

 Bei einigen Mitgliedern gab es lange Gesichter, die sich auch noch anmelden wollten. Nach Rücksprache mit Köppel Reisen AG, mit denen wir die Reise durchgeführt haben, konnten wir einen grösseren Reisecar buchen. Jetzt konnten 4 weitere, glückliche Mitglieder zusätzlich auf die Reise mitgenommen werden.

Dadurch verschärfte sich jedoch die Einzelbettensituation, da sich überdurchschnittlich viele Einzelreisende angemeldet hatten. Aber auch diese Herausforderung wurde vom Gildenmeister bravourös gemeistert. Total 6 Weinfreundinnen und Weinfreunde konnten in einem anderen, nahe gelegenen Hotel ihre gewünschten Einzelzimmer beziehen.

1. Tag – Anreise und Besuch im ersten VDP-Weingut

Bereits um 05.30 Uhr sind die ersten Weinfreundinnen und Weinfreunde beim Abfahrtsort des Busses in Au eingetroffen. Voller Erwartungen und Vorfreude bestiegen wir den Car. Um genau 06.00 Uhr fuhr unser Chauffeur Reto Gächter ab Richtung Mittelmosel über Lindau, Karlsruhe, Rheinböllen nach Traben-Trarbach. Schon bei der Begrüssung durch unseren Gildenmeister teilte er mit, dass es eine Überraschung unterwegs geben werde. Mit der Fahrt durch die Morgenstunden begleiteten uns die ersten Nebelfelder und ein wunderbarer Sonnenaufgang durch die Nebelschwaden. Die Zeit verging wie im Flug, als unser Chauffeur um 09.45 Uhr den ersten Halt machte. Die Überraschung war nun perfekt, als wir mit Moselsekt und dem ersten Moselriesling anstossen durften. Das war aber noch nicht alles. Auch Znünibrötli in verschiedenen Variationen wurden aufgetischt. All dies wurde uns von Zakia und Christian Wurster offeriert. Zakia hat alle Znünibrötli eigenhändig hergestellt. Dafür spreche ich im Namen aller Mitreisenden nochmals unseren herzlichen Dank aus.

Um 13.45 Uhr trafen wir beim VDP Weingut S. A. Prüm ein. Frau Saskia Prüm begrüsste uns und auch ihr Vater, Herr Raimund Prüm, liess es sich nicht nehmen, uns mit seinen Worten willkommen zu heissen. Gespannt und auch ein wenig durstig lud uns dann Frau Prüm direkt zur Weinverkostung ein. Wir durften 6 ausgezeichnete Weine probieren, darunter als Einstieg ein Sekt. Auch ein 2012er Riesling GG Alte Reben von der Lage Wehlener Sonnenuhr durften wir geniessen. Bevor wir um 16.45 Uhr das Weingut wieder verliessen, konnten wir mit einer grosszügigen Vesperplatte unseren Hunger stillen.

Um 17.30 Uhr bezogen wir unsere Zimmer im Parkhotel Traben-Trarbach und ruhten uns ein wenig von der Reise aus. Bereits um 18.50 Uhr machten wir uns zu Fuss ins Restaurant «Die Graifen» und Weingut Dr. Melsheimer auf. Dort wartete ein 3-Gänge Menü und eine weitere Weinverkostung mit 4 grossartigen Weinen auf uns. Um ca. 22.00 Uhr begaben wir uns dann müde aber sehr glücklich auf den Heimweg ins Hotel und genossen die wohlverdiente Nachtruhe.

2. Tag – Start im Familienweingut

Bereits um 08.45 Uhr, gestärkt nach einem reichhaltigen Frühstück, fuhren wir mit unserem Chauffeur Reto nach Enkirch zur nächsten Weindegustation ins Familienweingut Immich-Anker. Unterwegs hielt er kurz an, um uns vom Gildenmeister die Steilheit der Rebberge zu zeigen. Wir können es uns auch nach der Rückreise in die Schweiz immer noch nicht recht vorstellen, wie sich die Rebleute im steilen Gelände mit Schiefergeröll bewegen können.

Im Familienweingut Immich-Anker, das ca. 3.5 ha bearbeitet, wurden wir von Herrn Daniel Immich und seinem Vater empfangen. Herr Daniel Immich führte uns in seinen alten, sehr sehenswerten dunklen Keller und erklärte uns mit seinem Humor die Familiengeschichte und noch manch weitere Anekdote sehr eindrücklich. Seinen manchmal fast schwarzen Humor verlor er auch nicht bei der kurzweiligen Weinverkostung von 7 vorzüglichen Weinen.

Um 11.00 Uhr mussten wir dann Abschied nehmen. Wir hätten uns noch lange mit Daniel Immich amüsieren können, aber die Stadtführung in Bernkastel-Kues wartete in der historischen Altstadt. In 2 Gruppen lernten wir so einiges, was sich früher in Bernkastel-Kues abgespielt hat. Die berühmte Doctor-Lage mit den ca. 3.3 ha wurde uns genau erklärt und wie diese entstanden ist und wir durften auch von 2 verschiedenen filigranen Doctor Weinen degustieren.

Um 13.00 Uhr brachte uns Reto ins Kloster Machern zum Mittagessen. Das Kloster Machern ist ein ehemaliges Kloster, seit 1970 nach Abschluss der Renovationsarbeiten jedoch eine Klosterbrauerei mit Brauhaus und Restaurant. Das kam einigen Weinfreundinnen und Weinfreunde gerade richtig, um vom Riesling eine Pause zu machen und dafür ein Bier zu trinken.

Nach dem feinen Mittagessen wurde unsere Gruppe bereits im Weingut Markus Molitor erwartet. Der gelernte Jurist Sebastian Markus Molitor (ein Neffe des Inhabers Markus Molitor) hat uns sehr kompetent und authentisch das Weingut, das über 120 ha in 26 verschiedenen Weinbergen sein Eigen nennt und mit 105 Festangestellten und 60-80 vinifizierten Weinen pro Jahr, vorgestellt. Somit ist das Weingut eines der grössten an der Mosel. 8 köstliche und sehr zugängliche Weine durften wir probieren. Zu unserer Überraschung war auch ein Pinot Noir darunter, der uns sehr gut geschmeckt hat.

Nach dieser sehr schönen Weinprobe war aber noch nicht Schluss am 2. Tag. Denn mit dem 3-gängigen Nachtessen im Parkhotel wartete das Winzerpaar Boor vom Weingut Louis Klein mit weiteren 5 herrlichen Moselweinen auf uns. Auch am späten Abend spürten wir noch, wie sich die Winzer mit ihren Weinen identifizieren und dafür alles geben. Ca. 11 ha Rebberge werden biologisch bewirtschaftet und schliesslich als Bio-Weine verkauft.

3. Tag – Besuch von 2 VDP-Weingütern

Wieder frühe Tagwache. Wieder Abfahrt um 08.45 Uhr. Diesmal zum VDP Weingut Schloss Lieser. Das Weingut wurde in den letzten Jahren mit Auszeichnungen von falstaff, Gault Millau, Eichelmann, Vinum und Der Feinschmecker geradezu überhäuft. Herr Thomas Haag begrüsste und erzählte uns, wie er mit seiner Familie aus einem heruntergekommenen Gutshaus und Weingut ohne Geld, jedoch mit viel Arbeit und Enthusiasmus dieses renommierte Weingut mit ca. 24 ha in besten Steillagen wieder auf Vordermann gebracht hat. Die Weinprobe mit 7 erstklassigen Weinen fand im wunderschönen und geschmackvoll bepflanzten Innenhof des Gutshauses statt. Ich glaube, dass noch keine Weinfreundin oder Weinfreund eine schönere Atmosphäre und Umgebung bei einer Weindegustation genossen hat.

Viel zu früh mussten wir leider wieder Abschied nehmen, denn manch eine oder einer von uns wäre gerne noch dageblieben in diesem einzigartigen Innenhof. Aber das Mittagessen in Bernkastel wartete bereits im Restaurant Doctor-Stube auf uns.

Nach dem sehr feinen und üppigen Mittagessen wanderten wir zum nächsten Weingut Dr. Loosen. Der Spaziergang betrug doch ca. 500-600 m, tat unserer Verdauung aber gut. Im Weingut erwartete uns eine forsche junge Dame, die mit aller Vertriebskunst versuchte, uns die Weine näherzubringen. Insgesamt 7 hervorragende Weine durften wir probieren. Das Weingut Dr. Loosen bewirtschaftet ca. 80 ha mit 70 Mitarbeitern und ist damit nach Markus Molitor das zweitgrösste in der Moselgegend.

Zurück im Hotel hiess es dann ein wenig ausruhen, frisch machen, ab in die festliche Garderobe und Orden umhängen, denn um 18.00 Uhr fuhren wir ab in den Reiler Hof in Reil zum Gala-Abend. Was uns da erwartete war schlichtweg grossartig und eines Galaabends mehr als würdig. Zum sehr guten und schön angerichteten 4-Gänge Menü wurden uns die dazu passenden Riesling-Weine ausgeschenkt.

Gut gelaunt und mit vollen Bäuchen chauffierte uns Reto dann zurück ins Hotel, wo wir uns ziemlich müde aber hoch zufrieden in unsere Zimmer zum Schlafen zurückzogen.

4. Tag – Heimreise und krönender Abschluss

Bereits um 08.30 Uhr durften wir die Koffer im Car verstauen, leider. Wir hätten noch so manche Tage in der einzigartigen Moselgegend verbringen können. Doch weder unser Chauffeur noch der Gildenmeister hatten ein Ohr dafür. So kurvte uns Reto dem Verlauf der Mosel entlang hinauf bis nach Trier. Wir genossen noch einmal die wunderschöne Landschaft mit den Steilst- und Steillagenlagen entlang der Mosel bis hin zum weniger steilen Gebiet vor Trier, wo sich das Tal auf beide Seiten öffnet. Nach einem kleinen Umweg erreichten wir den Aussichtspunkt Petrisberg. Von dort oben konnten wir die älteste Stadt Deutschlands, Trier, und das weitere Umfeld bestaunen.

Anschliessend wurden wir noch einmal von einem Weingut zu einer Weindegustation mit Mittagessen erwartet, nämlich von G. F. von Nell. Herr Georg von Nell erwartete uns persönlich mit einem Glas Chardonnay Sekt. Schnell war klar, dass dies eine spezielle Weinprobe werden wird, denn der Humor von Herrn von Nell wird jedem von uns in schönster Erinnerung bleiben. Mit dem Mittagessen, das Fleisch wurde auf dem Rebholzgrill zubereitet, wurden uns auch noch 6 weitere exzellente Weine gereicht. Allzu schnell verflog die Zeit bei den humorvollen Winzersleuten und wir mussten nun endgültig Abschied von der Moselgegend nehmen.

Dies aber erst nachdem er uns erzählt hat, was sich hinter dem Begriff Witwenwein versteckt. Es soll sich tatsächlich folgendermassen abgespielt haben: Der Jahrgang 1959 war sensationell. Der Wein war kräftig und voller Elan und Fülle. Bei der Ernte im darauffolgenden Jahr tranken die Wimmerleute zum Abschluss am Abend jeweils vom Jahrgang 1959. Die Frauen hatten meistens nach einem Glas genug. Nicht aber die Männer. Diese genehmigten sich Glas um Glas. Da der Wein so kräftig und voller Gehalt war, starben viele Männer damals an Herzinfarkten. Die Damen wurden Witwen. Darum wurde der Jahrgang 1959 zum Witwenwein.

Mit einiger Verspätung stiegen wir alle froh gelaunt in den Car. Mit jedem Kilometer Carfahrt wurde es stiller. Die meisten gönnten sich ein Nickerchen nach all den Strapazen der letzten Tage. Reto war bestrebt, uns so schnell wie möglich zurück nach Au zu fahren. Auf Grund von verschiedenen Staumeldungen wählte er die Route über Saarbrücken, Strasbourg, Colmar, Lörrach, Rheinfelden, Zürich und St. Gallen was sich als sehr weise herausstellte und wir ohne eine Minute im Stau durchfahren konnten. Um ca. 23.00 Uhr sind wir alle um viele schöne Erlebnisse reicher wieder in Au angekommen. 

Ich möchte den Reisebericht nicht abschliessen, bevor ich mich nochmals beim Gildenmeister Franz Bertsch für die sensationelle Reise und die tadellose Organisation bedankt habe. Danken möchte ich auch den restlichen Mitgliedern des Gildenrats für das Mitwirken sei es im Hintergrund oder an vorderster Front. Auch unserem Chauffeur, Reto Gächter, muss ich ein Kränzlein winden. Er hat uns ruhig und zu jeder Zeit sicher in die verschiedenen Weingüter und Restaurants und auch wieder nach Hause gefahren. Verfasser: Köbi Frischknecht