Schweizerische Vereinigung der Weinfreunde

(ANAV)

 

Sektion Weingilde Gallus - Berichte & Fotos

Paul Rieser berichtet:

Unser ehemaliger Gildenmeister Christian Gerber wollte zum Schluss seiner Amtszeit anfangs 2020 eine Weinreise der besonderen Art organisieren. Doch es kam alles anders.

Die Reise war bei Christian Gerber’s letztem Hauptbott im Januar 2020 in der Funktion als Gildenmeister fast fertig organisiert, als die Pandemie kam. Sie musste, wie viele Anlässe auf dieses Jahr verschoben werden. Die Reiseeinschränkungen der Behörden blieben bis wenige Tage vor der Abreise sehr dynamisch. Doch was lange währt, wurde endlich sehr gut!

Am Sonntag, 19. September 2021, brachen 36 Weinfreundinnen und Weinfreunde tatsächlich zur unvergesslichen Reise nach Kroatien auf. Die zusätzlichen Formalitäten an den Flughäfen erwiesen sich als unproblematisch.

In Zagreb übernahm unser Freund Josip Blazević aus Schaffhausen mit Hrvoje dem lokalen Fahrer des Reisebusses die Gruppe für die nächsten 8 Tage. Josip war der Schlüssel zu den verschiedenen Weingüter und zugleich Dolmetscher.

Der erste Halt nach rund einer Stunde führte uns ins Weingut Jagunić in Plešivica mit Weinen aus dem kroatischen Hochland und einem deftigen regionalen Mittagessen. Das Nachbarweingut Tomac ergänzte die Degustation mit 3 Weinen. Schaumweine aus Chardonnay und Portugieser als Rosé, Rheinrieslinge und Traminer aus der Amphore und ein Pinot Noir forderten uns bereits heraus. Viele mussten sich an die intensiven Orange-Weissweine zuerst gewöhnen. Einige hofften, im Verlauf der Reise auch etwas leichtere, spritzige Weissweine geniessen zu können.

Im Anschluss reisten wir den etwas längeren Abschnitt ins Herz von Istrien. Wir trafen am Abend im Hotel Roxanich in Motovun ein. Ein spektakuläres Haus mit auffälligen Himmelbetten und noch verrückterem Weinkeller. Nach der weiten Reise gab es ausgesuchte Weine vom Haus und lokale Leckereien, was soviel wie getrockneten Schinken - je nach Region entweder durch die Bora getrocknet oder dann ohne Wind geräuchert – sowie Schafs- oder Ziegenkäse bedeutete. Das Hotel war für drei Nächte unser Ausgangspunkt für Ausflüge nach Poreč und Pula.

Tag 2

Nach der kurzen Anreise nach Buje erinnerte uns das Gebäude des Weinguts Kozlović etwas an Schmidheiny in Balgach. Emsiges Treiben im Betrieb gab uns den Eindruck mitten in der Lese zu stehen. Die Führung von Antonella Kozlović, der Chefin persönlich durch den Keller und die Degustation waren hoch professionell. Die Speisen am Mittag kombiniert mit den passenden Weinen rundeten den gelungenen Besuch ab. Die Weine, vier Malvasija ein Sauvignon Blanc ein Teran und ein süsser Muskat mundeten sehr gut. Josip erhielt, zu seiner gerade erfolgten Pensionierung, vom eigentlich ausverkauften roten Santa Lucia eine Magnum geschenkt, welche er uns zur Freude aller, zusätzlich ausschenken liess (mmhh!).

Am Nachmittag besuchten wir Poreč. Römische Ausgrabungen, Mosaike und die Euphrasius Kathedrale zeugen von einer früheren Blütezeit. Die Stadtführerin «Goga» erläuterte uns nicht nur Poreč, sondern auch Pula am nächsten Tag. Am Abend stand eine Trüffelgala an. Im bekannten Restaurant Zigante waren schwarze und weisse Trüffel allgegenwärtig. Trüffelsuppe, Pasta mit Trüffel, den Hauptgang mit Trüffeln und zum Dessert ein Trüffeleis war für die eine oder andere Person vielleicht etwas zu viel. Trotzdem shoppten einige diverse Trüffelprodukte, als gäbe es sie zum letzten Mal. Genau es wurden auch einige (4) Weine serviert. Erinnern kann ich mich nur noch an die Super Tuscan im Weinschrank. Die hätten unser Budget sicher gesprengt. Die lokalen Plavac Mali im Verlaufe der Woche fielen jedoch kaum ab.

Tag 3

Frühe Tagwache mit Fahrt nach Pula. Gegenüber Poreč fiel das monumentale Amphitheater auf. «Goga» führte uns in einem Rundgang um die Altstadt herum und brachte uns die verschiedenen Baustile in Verbindung mit den diversen Eroberern Kroatiens. Römer, Venezianer, Osmanen etc. näher. Die Kroaten hatten nämlich kaum eine Epoche ohne fremde Vögte. Schön, dass sie seit 1995 endlich selbständig sind.

Am Mittag fuhren wir nach Krunčići zum Weingut Matošević. Der Önologe, Toni Babic, selbst nahm sich im lauschigen Garten trotz viel Arbeit die Zeit für die Degustation und den Imbiss. Als Besonderheit durften wir nebst zwei Weissweinen (Malvazija Istrien) der eine aus dem Akazienfass, einem Rotwein aus Merlot und Teran und eine wenige Tage alte Fassprobe eines Malvazija Istrien verkosten.

Im Anschluss besuchten wir das Städtchen Motovun auf dem Hügel direkt oberhalb des Hotels Roxanich. Nebst dem aussichtsreichen Mauerrundgang mit Gruppenfoto konnten wir noch istrisches Olivenöl und nochmals Trüffel degustieren. Das istrische Olivenöl sei in grosser Anzahl weltweit in den Top 500 vertreten. Mir gefiel die gewisse Schärfe des sehr grün gewonnen Öls.

Am Abend fand der Gala-Abend im Hotel Roxanich statt. Schön gekleidet ging es vor dem Essen in die Kellerbesichtigung, in vier Stockwerken unter dem Hotel in die Tiefe. Die Dimensionen erschienen gigantisch. Die Farben durchgehend in schwarz gehalten, vermittelten für mich einen etwas irritierenden Eindruck. Der Aufzug vermochte die ganze Gruppe auf einmal zu transportieren. Da nicht mit Pumpen gearbeitet werde, würden sämtliche Behälter und Tanks mit dem Aufzug in die entsprechend benötigte Etage befördert. Auffallend war, dass trotz       «Hochsaison» alles piekfein aufgeräumt schien. Neu erstellt wurde ebenfalls ein gigantischer Amphorenkeller. Das Flaschenarchiv bestand aus Tausenden von Flaschen. Der Besitzer hat offensichtlich sehr, sehr viel Geld investiert. Das nachfolgende Mehrgangmenü und die Weine von Roxanich vermochten mit Ausnahme der Wildpilzsuppe nicht ganz mit dem gewünschten Status des Betriebs mithalten.

Tag 4

Mit gut 390 km folgte am Mittwoch der längste Reisetag. Am Mittag verköstigten wir uns in Senj,    im neuen Boutique Hotel Bura 45N, natürlich mit Weinbegleitung. Danach fuhren wir nach Zadar. Mit einer kurzen Stadtbesichtigung und dem Besuch der Wasserorgel stand noch der letzte Streckenabschnitt nach Skradin auf  dem Programm. Wir waren uns einig, Zadar in Zukunft nochmals einen Besuch mit mehr Zeit abzustatten.

Im etwas einfacheren Hotel Vrata Krke nahmen wir das sehr rustikale Nachtessen (Lamm- und Kalbfleisch-Eintopf mit Gemüse unter der  Eisenglocke gegart, mit Weinen von Leo Gracin ein. Der Service war mit der Weinprobe etwas überfordert. Die riesigen Parkplätze als Ausgangspunkt für den Besuch der Krka-Wasserfälle erklärte, dass hier normalerweise Massentourismus herrscht. Die Weine hingegen überzeugten auf der gesamten Linie. Ein weisser Pošip, zwei Babić und ein Babić mit Plavac Mali vom bekannten Önologen Dr. sc. Leo Gracin waren top.

Tag 5

Ein Spaziergang über einen eher steilen und steinigen Fussweg zu den Krka-Wasserfällen erforderten Trittsicherheit. Wir genossen die einmalige Landschaft in diesem Nationalpark. Die Weiterfahrt nach Skradin erfolgte mit dem Schiff. Per Bus gings weiter nach Split. Im Restaurant Chopp’s Grill am Rande der Altstadt durften wir einen hervorragenden gegrillten blauen Thunfisch mit Topweinen von Zlatan Otok geniessen. Nebst  Pošip, Babić und Plavac Mali, wurde ein Tribidrag auch bekannt als Crljenak (Primitivo, Zinfandel) ausgeschenkt. Im Anschluss stand wiederum eine interessante Stadtführung auf dem Programm.

Die Weiterfahrt nach Süd-Dalmatien wurde leider durch einen Defekt am Reisebus jäh unterbrochen. Auf einer steilen Rampe der dreispurigen Autobahn erlitt der Bus wenige Minuten nach der Abfahrt einen Motorschaden. Glücklicherweise wendete ein zufällig in der Gegenrichtung fahrender, leerer Reisebus, der auf der Rückfahrt einer technischen Kontrolle war und kam uns zu Hilfe. Nach rund einer Stunde setzten wir die Reise in einem neuen Bus fort. Die Hilfsbereitschaft der verschiedenen Bus-Firmen überraschte uns positiv.

Den Sonnenuntergang im Weingut Rizman mit atemberaubender Aussicht auf die dalmatischen Inseln und die neue Brücke (Eröffnung 2022, ab dann kein Durchfahren mehr von Bosnien-Herzegowina) bestaunten wegen der verlorenen Reisezeit immerhin noch die Hälfte der Gruppe. Die sehr feinen Häppchen und die vier Weine, (Pošip, Rusula, Tribidrag, Primus) liessen uns den pannenüberschatteten Tag schnell vergessen. Es fehlten im Anschluss nochmals zwei Stunden Busfahrt im Dunkeln auf die Halbinsel Pelješac ins nächste Hotel, dem Grand Azur in Orebić.

Tag 6

Wenige Frühaufsteher schwammen am schönen Strand des Hotels in der noch angenehm warmen Adria. Danach stand ein Besuch im Weingut Bire auf der Insel Korčula

an. Eine kurze Überfahrt mit der Fähre gab uns ein bisschen Kreuzfahrtfeeling. Im herzigen kleinen Betrieb degustierten wir drei Weine, davon einen Grk (sehr autochthon!), gibt’s nur noch auf dieser Insel.

Wieder zurück auf der Insel Orebić. besuchten wir das vornehme Weingut Saint Hills. Wir verkosteten fünf Weine, darunter einen «Dingač». Die Preise der Topweine in diesem Weingut stehen den bei uns bekannten Premiumweinen preislich in nichts nach. Danach gings zurück ins Hotel. Nun traute sich die Hälfte der Gruppe für ein Bad im Meer und quiekten ausgelassen. Am freien individuellen Abend schlenderten wir in Grüppchen der Promenade entlang ins Städtchen und fanden verschiedene passende Lokale für Speis und Trank.

Tag 7

Nach dem Frühstück stand bereits wenige Kilometer vom Hotel entfernt auf der Reise nach Dubrovnik die erste Degustation im Top-Weingut Korta Katarina an. Zum Glück gabs zuerst eine Kellerführung, bevor die ersten Weine verkostet wurden. Neben den eigenen Weinen waren auch Weine von Antunović dabei. Der Winzer Antunović selbst – übrigens der Ehemann der Önologin vom Weingut Saint Hills – war anwesend, durch die Degustation führt Goran vom Weingut Korta Katarina zusammen mit Josip. Insgesamt acht Weine standen zum Probieren bereit. Sehr anspruchsvoll, da Alkoholgehalte bis 16% in den Flaschen waren. Danach fuhren wir rund zwei Stunden bis nach Dubrovnik. Viele waren froh, im Bus ein Nickerchen machen zu können.

In Dubrovnik gab es ein feines Mittagessen mit zwei Weinen. Im Anschluss durften wir die letzte Stadtführung geniessen. Danach fuhren wir in das Hotel Epidaurus in Cavtat, nahe dem Flughafen. Es gab nochmals eine Möglichkeit zu schwimmen, bevor wir uns zum Abschlussanlass ins Weingut Dubrovacki Podrumi verschoben. Das Weingut überzeugte nicht mit der kommunistischen Architektur aus den 1960ern, sondern mit acht Weinen. Bekannt ist das Weingut für seinen Merlotino. Doch auch die reinrassigen Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc waren interessant. Das Essen war traditionell und passte gut zu den schweren Weinen.

Der neue Gildenmeister Franz Bertsch überreichte zum Abschluss Christian und Viola einen Wellness-Gutschein und bedankte sich im Namen aller Teilnehmenden für die enorme Vorbereitungsarbeit. Die Reise war perfekt organisiert und orchestriert. Wie an dieser Stelle üblich verkündete Franz das Ziel der nächsten Reise. Sie geht ins Mosel-Gebiet. Wir fielen an diesem letzten Abend müde aber mit vielen unvergesslichen Erinnerungen ins Bett.

Tag 8

Mit einem letzten Blick auf die Bucht – an diesem Tag mit Roman Abramowitsch’s Megayacht «Eclipse» - verabschiedeten wir uns nach über 1'400 km Busfahrt (Danke Hrvoje!), 10 Weingütern, rund 70 verkosteten Weinen und fünf Stadtführungen von Kroatien und kehrten glücklich in die Schweiz zurück.

An dieser Stelle einen ganz, ganz herzlichen Dank an Zlatko und sein Team im Reisebüro Adriana Travel in Rijeka, natürlich auch an Josip Blazević und Otto Sprenger von den Freiämtlern für seine Erfahrungen, ohne sie wäre eine solche Reise gar nie möglich gewesen.

Und wer noch mehr Details über die Geschichte des Weinbaus in Kroatien erfahren möchte, kann dies aus dem pdfDetailprogramm der Reise tun.